Seit letztes Jahr denke ich oft an die letzten Monate auf Lolland vor dem Umzug nach Kopenhagen i Spätsommer 2014, und was diese für mich bedeuteten. Und auch auf die letzten Monate im Gymnasium 2013, da diese Zeit auch sehr mit der anderen verknüpft ist. An das letzte denke ich jetzt vor allem weil ich letztes Jahr zum ersten Mal nach langer Zeit wieder feiernde Abiturienten feiernd mit ihren Mützen sah - und dann sofort an meine Tage damals denken musste.
In der Zeit ging es mir ja auch so, dass ich endlich damit anfangen wollte, zum Judentum zu konvertieren. Das konnte ich allerdings erst dann machen, wenn ich in einer Stadt lebte, wo es auch eine Gemeinde gibt. Zuerst wollte ich nach Berlin um es dort zu machen, aber nach meinen ersten beiden Besuchen nach dem ersten Mal in Israel - Flensburg im November und Berlin im Dezember 2013 - war es dann etwas, was ich mir dann aus dem Kopf schlug. Ich entschied mich, nach Kopenhagen zu ziehen und es dann dort zu machen.
Am Abend vor meiner Abreise nach Israel habe ich dann zum aller letzten Mal in meinem Leben Schweinefleisch gegessen. Das war schon ein Bruch, der was an sich hatte.
Irgendwo auf Lolland im Sommer 2013, kurz vor der Reise nach Israel
Allerdings war es auch so, dass ich damals keine Ahnung hatte, wo ich hätte anfangen sollen. Und zwar wusste ich auch, dass am Samstag Schabbat (oder besser gesagt: ab Freitagabend) ist, aber dennoch hatte ich noch immer keine Ahnung, wie es sich anfühlt, ihn zu begehen, und die ganzen Rituale. Ja, zwar stand es in Rabbi Laus Buch "Wie Juden leben" (auf englisch Practical Judaism), aber dennoch war es schwer nachzuvollziehen.
Ich erinnere mich noch sehr gut auf die Feiern im Gymnasium, die da einmal im Monat stattfinden würden. Nachdem das Gymnasium vorbei war, war es auch damit vorbei. Und dennoch war es dann immer so, dass das Wochenende wie jeglicher anderer Tag war, auch weil ich nicht wirklich viel zu tun hatte - denn es war nicht jeder Tag, wo ich meine Eltern auf der Arbeit half.
Kerzen im Theater "Sprøjtehusteatret" in Nykøbing, auf einem Freitagabend im späten Februar 2014
Allerdings muss ich sagen, dass ich vom Januar 2014 langsam spürte, dass da Freitagabends eine bestimmte Energie in der Luft war, sobald sich die Dämmerung näherte. Das war irgendwie beruhigend. Sehr bestimmt erinnere ich mich, als ich an einem Freitagabend im späten Februar zu einem Theaterstück in Nykøbing Falster ging, wo ich dann nach der Ankunft in der Stadt - die Sonne ging langsam runter, eine gewisse Stimmung spürte.
Und dennoch. Freitag und Samstag waren Tage wie alle andere, und das änderte sich gewaltig nach dem Umzug nach Kopenhagen.
Im späten Frühling 2014 begann ich dann allerdings schon langsam meinen Gijur-Prozess, in dem ich einmal im Monat Sonntagmorgen mit dem Zug nach Kopenhagen fuhr, um dort zum Unterricht im Gemeindehaus zu gehen.
In meiner ersten Wohnung in der Kopenhagener Vorstadt Albertslund
Ich würde jetzt auch sagen, dass ich in den letzten 7-8 Monate vor dem Umzug sehr unruhig - ich sehnte mich halt sehr nach Veränderung.
Ich zog dann im Spätsommer 2014 um, aber einige Tage später kam ich zurück nach Lolland weil meine Eltern und ich zur Hochzeit meines Cousins nach Hamburg sollten. Die Hochzeit - einer Dorfkirche außerhalb von Hamburg - fand an einem Samstag statt. Am Freitagabend ging ich dann indisch essen, und versuchte zu verstehen, was in den letzten Tagen passierte.
Im indischen Restaurant Maharani in Hamburg, August 2014
Am Tag nach der Hochzeit bin ich dann zurück nach Kopenhagen gefahren, da am nächsten Tag die Intro-Woche für die Uni anfing. Und so begann noch ein neues Kapitel in meinem Leben an.
Am Ende der Intro-Woche war da ein Abendessen auf der Uni für uns die die Nahost-Fächer studierten. Nach dem Essen (mit dem wohl langweiligsten Hummus aller Zeiten) gingen wir dann alle zum Keller des Gebäudes, wo eine Diskothek aufgestellt war. Ich ging auf die Tanzfläche und....verlies den Raum nach 20 Sekunden.
Warum?
Weil ich spüren konnte, dass das schon längst nicht mehr meine Welt war.
In der darauffolgenden Woche war ich dann zum ersten Mal im Chabadhaus, in der kleinen Synagoge Machsike Hadas zum Kabbalat Schabbat, und zum Morgengebet dann in der grossen Synagoge.
Das war dann meine Rutine am Wochenende von da an. Eine Zeit lang war ich so gut wie jeden Freitagabend im Chabadhaus, bis ich anfing, die häuslichen Rituale des Kiddusch zuhause sprach.
Ein Jahr später war ich dann an einem Freitagabend auf Lolland, wo ich zum Geburtstag einer Freundin war. Und so gemütlich wie es war, konnte ich nicht wirklich aus dem Kopf bekommen, dass ich wohl etwas anderes machen musste. (Und zudem war es dann so: alle anderen aßen an dem Abend Schweinefleisch, für mich haben die Hühnchenbrust serviert - und heute kann ich nicht mehr das Fleisch vom Supermarkt nebenbei essen....)
Das war halt die Realisierung, dass diese Zeit für mich vorbei war.
Nach dem Umzug nach Kopenhagen würde ich dann zwar noch immer treifes Fleisch (aber kein Schweinefleisch oder Garnelen) essen - aber dann ab ungefähr Januar 2016, würde dieses Fleisch anfangen sich für mich säuerlich zu schmecken, und ich kaufte dann kein Fleisch mehr ein. (nach meinem Gijur im Sommer 2016 dauerte es allerdings noch ein Jahr, bis ich koscheres Fleisch kaufte - es ist halt etwas teuer hier in Dänemark)
Letztendlich aber würde ich sagen, dass ich nichts bereue und es das ganze wehrt war.
Ich bereue nichts.
Die Mikwe im Keller vom Gemeindehaus in Kopenhagen
Gestern ist es 5 Jahre her, dass ich in Göteborg beschnitten wurde, und ich somit in den Pakt Abrahams aufgenommen wurde.
Ich habe schon vor einigen Monaten darüber geschrieben, wie der Juni 2016 wohl der seltsamste Monat meines Lebens war, allerdings wurde mir gestern dennoch etwas seltsam, als mir auffiel, dass es schon 5 Jahre her ist.
Ich habe hier auf diesen Blog schon mehrfach über meinen Gijur / Übertritt zum Judentum geschrieben, aber ich fand, es ist Zeit, meine gesamte Reise zu beschreiben so gut wie es geht, jetzt, 4 Jahre nachdem ich übergetreten bin.
Ich schreibe dass nicht nur, weil ich es mag, über die Vergangenheit zu reflektieren und herauszufinden, wie es wohl im nachhinein war, sondern auch, um andere zu helfen, die den selben Weg gehen wie ich ihn gegangen bin.
Erstmals vorab:
Ich habe immer an G-tt geglaubt. Ich habe nie seine Existenz bezweifelt. Das konnte ich nie. Ich habe immer Trost bei ihn gesucht, wenn es mir schlecht ging, und mache es noch immer. Trotz dessen hatte ich immer irgendwelche Bedenken am Christentum an sich - egal ob es der Protestantismus war, mit dem ich säkular aufgewachsen bin, der Katholizismus oder dem Orthodoxen Christentum. Der Atheismus als Alternative kam bei mir nie in Frage. Schon beim Konfirmandenunterricht machte ich kein Geheimnis daraus, dass ich später eh zum Buddhismus oder Bahaismus konvertieren würde. Aber selbst bei diesen zwei Glaubensrichtungen war da etwas, das irgendwie fehlte - und das, obwohl ich deren Philosophien sehr mochte.
Und dann war da letztendlich das Judentum - das Judentum hatte für mich als Außenstehender immer etwas sehr mystisches, aber dennoch irgendwie anziehbares an sich. Eine lange Zeit wusste ich nicht, dass man zum Judentum übertreten kann - aber selbst als ich erfuhr, dass das durchaus möglich ist, wusste ich nicht, ob ich dafür geschaffen war.
Und hierzu muss ich auch sagen:
Das Judentum ist keine missionierende Religion wie das Christentum oder der Islam, und das Judentum ist auch nicht "Christentum ohne Jesus", wie viele aus irgendeinen Grund annehmen. Und für Leute, die an einen Übertritt zum Judentum interessiert sind, sage ich nur folgendes: Es ist ein schwieriger Prozess - nicht nur, dass man seinen Lebensstil komplett ändert und die Traditionen lernt und annimmt, es ist auch ein sehr großer, schwieriger Prozess für die Seele. Dadurch weis man dann auch, ob das Judentum auch für einen selbst bestimmt ist. Und bevor man die Gemeinde kontaktiert, die am dichtesten dran ist, muss ich auch das sagen: bevor ihr das tut, lest erstmals alles, und ich meine wirklich alles, was ihr über das Judentum finden könnt.
Meine Liebe zum Judentum fing jedoch in einer stürmischen Novembernacht 2009 an, wo ich auf Youtube das Lied "Shabat haMalka" von Ofra Haza hörte.
In der darauffolgen Zeit fing ich unbewusst an, sehr vieles über Israel oder dem Judentum an sich bei der Bibliothek zu borgen. Damals war ich noch sehr oft auf der Bibliothek, das waren noch Zeiten. Ich fühlte mich dann mehr und mehr dem Judentum hingezogen. Aber wie gesagt, so wusste ich noch nicht, ob ich wirklich dazu geschaffen war. Das änderte sich dann im März 2010, als ich bei meiner Oma in Flensburg hörte, dass es in Deutschland und Übersee viele Menschen mit jüdischen Familiennamen gibt, die allerdings seit Generationen keine Juden mehr sind da einer der Vorfahren zum Christentum übergetreten ist oder eine nichtjüdische Frau geheiratet hat, und die daraus folgenden Kinder der Halacha zu folge keine Juden mehr sind.
Kurze Zeit darauf fand ich dann heraus, dass ich einen jüdischen Nachnamen habe, und letztendlich realisierte ich dann, dass ich auch Jude werden will.
Einige Jahre später, schon im Gymnasium, fuhr ich dann für einen Tag nach Kopenhagen, wo ich dann ein Treffen mit unserem damaligen Oberrabbiner Bent Lexner hatte. Lexner sagte, da ich zu dem Zeitpunkt nicht in Kopenhagen lebte, müsste ich in eine religiösen Kibbutz in Israel leben, um dort zu lernen und vielleicht zu konvertieren, wenn die Zeit dazu gekommen währe. Im Sommer 2013 hatte ich dann wieder ein Treffen mit ihn.
Am Tag vor meiner Abreise zum gescheiterten Kibbutz Ausflug nach Israel hatte ich dann zum allerletzten Mal in meinem Leben Schweinefleisch gegessen. Irgendwann musste ich ja auch damit aufhören.
Am 1. Mai 2014 war ich dann wieder in Kopenhagen, und da hat ein Freund aus der Gemeinde mir dann zum ersten Mal die Synagoge von innen gezeigt.
Im Spätfrühling 2014 fing ich dann an, im jüdischen Gemeindehaus Unterricht für Konvertiten zu besuchen - das war alles selbst organisiert. Dafür bin Sonntag morgens immer sehr früh aufgestanden um den frühesten Zug in Richtung Kopenhagen zu nehmen. Das war immer ein Erlebnis.
Nach einen sehr Augen öffnenden Urlaub in Israel im Juli 2014 bin ich dann nach Kopenhagen gezogen, und der Gijur fing dann richtig an, und hatte dann auch zwei Treffen mit Lexners Nachfolger, Jair Melchior. Ich fing an jeden Schabbat die Synagoge zu besuchen, besuchte Kurse im Chabadhaus, und fing an, über Kaschrut zu lernen, und über die verschiedenen Brachot zu lesen.
Ein Schlüsselereignis, an das ich mich immer erinnere, ist der Terroranschlag im Februar 2015. Nach dem Anschlag fühlte ich mich näher an die Gemeinde als vorher.
Letztendlich bin ich sehr froh, dass ich nach Kopenhagen gezogen bin, um zu konvertieren - davor hatte ich eigentlich den Plan, deswegen nach Berlin zu ziehen, da ich zu dem Zeitpunkt sehr in die Stadt verliebt war, und es da auch eine wesentlich grössere Gemeinde gibt als in ganz Dänemark.
Allerdings fiel mir auf, nachdem ich zum ersten Mal in Israel war, dass ich mich danach nicht mehr so gut in Deutschland fühlte als vorher. Also wurde es Kopenhagen.
Eines der Dinge, die ich nach meinem Umzug nach Kopenhagen am meisten mit Vorfreude und Spannung begegnete, waren die Feiertage. Ich erinnere mich noch sehr gut an mein erstes Rosch Haschana, und vor allem mein erstes Jom Kippur - das erste Mal, wo ich 25 Stunden gefastet habe. Seit dem ist Jom Kippur von allen Feiertagen mein Lieblingsfeiertag. Da ist einfach etwas ganz besonderes wenn so gut wie die gesamte Gemeinde nur einmal im Jahr in der Synagoge versammelt ist und man den ganzen Tag in der Synagoge verbringt.
Als ich im Jahr darauf aus den - recht turbulenten - Sommerferien zurückkehrte, hatte ich ein sehr bizarres Gefühl, vor allem wenn ich an Rosch Haschana dachte.
Die Hohen Feiertage 2015, die das Jahr 5776 einleiteten, waren sehr schön. Im Nachhinein glaube ich, dass diese unruhigen Gefühle daher kamen, weil ich wohl ahnte, dass das Jahr 5776 ein Jahr voller Veränderungen sein würde, und das auf verschiedenen Ebenen.
Der darauf kommende Winter war sehr melancholisch, und ich fühlte mich sehr geborgen im Licht der Menorot zu Chanukka.
Im Januar 2016 unternahm ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Winterreise nach Israel - und das über Moskau. Ich war sehr aufgeregt, und für mehrere Wochen war es das einzige woran ich dachte, und ich konnte es auch nicht fassen dass ich tatsächlich im mehr oder weniger langweiligen, kalten Monat Januar nach Israel fahren würde. Das war dann meine fünfte Reise nach Israel. Ich erinnere mich noch als ich an dem Abend kurz nach Sonnenuntergang auf die Reise zum Flughafen begab - ich konnte überhaupt nicht fassen dass es nun endlich passierte. Und wie aufgeregt ich war, als ich den Flieger in Richtung Moskau bestieg. Es fühlte sich so seltsam an. Als der Flieger sich dann Moskau näherte, hatte ich das Glück, den Kreml von Oben zu sehen, und das bei Nacht. Als der Flieger endlich gelandet war, sagte die Stewardess, dass wir mit dem Shuttle Bus zum Flughafen sollten, und deswegen sollten wir sofort warme Jacken anziehen. Glücklicherweise war ich mit meiner Winterjacke angereist. Aber ich trug Jeans - und als ich aus dem Flugzeug ausstieg, spürte ich wohl das kälteste was ich je gefühlt habe.
Ich hatte einen schönen Aufenthalt im Flughafen Scheremetyevo - und das obwohl ich fast meinen Flug nach Tel Aviv verpasste, der aber dann dennoch verspätet wurde weil die Reifen sich an den Boden gefroren hatten. Aber als es dann los ging, genoss ich die schöne Landschaft von Oben. Vor allem als der Kaukasus erreicht wurde, und es dann über Anatolien und Zypern ging.
Als ich dann endlich in Tel Aviv gelandet bin, konnte ich noch immer nicht fassen, dass ich da war. Und obwohl nicht viel großes in diesen 14 Tagen geschah, ist es als einer meiner besten Reisen in Erinnerung geblieben.
Warum ich gerade hier von diesen Trip berichte? Weil ich während diesen 14 Tagen Zeit für einige Reflexionen hatte - und mir ist da aufgefallen, dass ich Müde vom "Nichtjude sein" geworden war. Es sagte mir, dass ich nun bereit für den nächsten Schritt war.
Kurz nach meiner Rückkehr hörte ich, dass im kommenden Sommer wieder ein Beit Din in der Gemeinde sein würde. Ich wusste, was ich zu tun hatte. Kurz nach Purim hatte ich dann wieder einen Treffen mit unserem Gemeinderabbiner, wo wir dann all das durchgingen, was ich seit dem Anfang meines Prozesses 2014 durchgegangen war, und er sagte, dass ich dann in den kommenden Monaten in Schweden meine Brit Milah haben würde, damit ich dann für den Beit Din im August bereit währe. Ich konnte es nicht fassen.
Im Juni war ich dann mit meinen Eltern für ein verlängertes Wochenende in Göteborg, wo ich von dem dortigen Mohel die Brit Milah bekam. Das war ein sehr großer Tag, wo ich unters Messer kam - und ich spürte keinen Schmerz.
Zwei Wochen später ging ich auf eine drei wöchige Reise nach Israel, wo ich dann unter anderen Sussia besuchte.
Bei der Reise besuchte ich dann zum letzten Mal Jad Vaschem - ich war seitdem nicht mehr dort.
Bei der Reise wurde mir auch meine Tefilin gemacht, und ich kaufte mir meinen ersten Tallit. Es war ein ganz besonderes Gefühl, als ich die Tefilin zum ersten Mal anprobierte und die Schema las.
In der Woche vor meiner Abreise legte ich mich hin, nachdem ich in meiner Ferienwohnung in Tel Aviv angekommen war und alles ausgepackt hatte. Während dieses relativ kurzen Nickerchens war mir so, als würden mir die letzten 7 Jahre meines Lebens - also von dem Moment an, wo ich zum ersten Mal Shabbat haMalka gehört hatte - bei mir Revue passieren. Es war ein sehr seltsamer Moment. Aber es zeigte, dass dieser Abschnitt meines Lebens bald vorbei war.
Nach meiner Rückkehr von der Reise waren die darauffolgenden Wochen sehr seltsam.
Und dann kam der Tag.
Ich bin sehr früh aufgestanden, und habe zum ersten Mal in meinem Leben den Tallit Katan angezogen, und habe dann das Morgengebet gebetet - ohne die Tefilin oder den Tallit anzuziehen, da ich damit warten wollte, biss ich aus der Mikweh gekommen war. Meine Eltern und meine Tante holten mich dann ab, und wir fuhren in die Stadt rein.
Nach einer halben Stunde war ich dann endlich dran. Mein Beit Din bestand aus Michael Melchior, der Vater unseres jetzigen Oberrabbiners, Bent Lexner, unser alter Oberrabbiner, und Meir Rubinstein, ein schwedischer Rabbiner der wie Michael Melchior in Israel wohnt.
Wir sprachen über den langen Weg den ich bis dahin gegangen bin, und wie ich koscher halten will - es war alles viel leichter als ich gedacht hatte.
Dann musste ich kurz raus, und danach wieder rein - mein Gijur wird vollzogen, sagten sie mir. Danach ging es direkt zur Mikweh - als Jair mich in den Fahrstuhl zog war ich ganz steif, und wie Minuten vorher, den Tränen nahe, da die ganzen Emotionen der letzten 7 Jahre aufkamen.
Ja, so war es. Die letzten 7 Jahre kamen dann an meinem inneren Auge vorbei. Es war ein so seltsames Gefühl, als ich dann in der Mikweh stand. Ich musste dann mit meinen eigenen Worten sagen, dass ich die 613 Mizvot einhalten würde, und dann habe ich die Bracha für die Mikweh und das Schehechiyanu gesagt. Dann tauchte ich unter - und mir war, als wäre ich in einer Welt zwischen dieser Welt und der kommenden Welt. Als ich kurz darauf vor dem Spiegel stand, sagte ich dann zu mir selbst: "Oh mein G-tt, ich bin jetzt Jude!"
Daraufhin bekam ich von meiner Mutter einen goldenen Davidsstern um den Hals. Vor dem Mikweh-Bad hatte ich dann den vorherigen Davidsstern, denn ich seit 2012 trug, zum ersten Mal abgenommen, und der neue symbolisierte dann den Anfang meines neuen Lebens.
In den darauffolgenden Tagen fiel mir auf, dass einige Dinge die ich in den Wochen vor dem Beit Din tat, sich schon so fern anfühlten, als sei es schon Monate oder Jahre her.
Ich hätte nicht gedacht, dass dieses Jahr für mich so fantastisch sein wird. Aber ich glaube nun, dass ich zu Neujahr 2016 realisierte, dass ich Müde vom Goy-sein war. Es wurde mir vor allem beim Israel Urlaub im Januar klar, und die Initiative nahm ich dann, als ich nach dem Urlaub erfuhr, dass im Spätsommer ein Beit Din kommen würde.
So musste ich mich in diesen Jahr von mehreren Dingen verabschieden - nicht nur von mehreren Familienmitgliedern, die gestorben sind, sondern auch von nicht koscheren Fleisch, einigen Süßigkeiten und anderes.
Ich muss aber sagen, dass ich nichts von meinem alten Leben vermisse. Ich bin da angekommen, wo ich immer sein wollte, umgeben von Leuten, die mich verstehen und die Erwartung von etwas schönen.
Immer, wenn ich Morgens den Gebetsriemen anlege, fühle ich mich als ob ich aufblühe. Das wollte ich schon immer.
Und im Januar geht es dann zum ersten Mal als Jude nach Israel, für 14 Tage. Ich freue mich schon zum ersten Mal die Gebetsriemen an der Klagemauer anzulegen.
In den Wochen nach meiner Konvertierung konnte ich es lange nicht fassen, dass ich Jude bin. Es änderte sich dann in den hohen Feiertagen - besonders an Jom Kippur hatte ich mehrmals das verlangen, auf einmal aufzuspringen und zu rufen "Ich bin Jude!".
Als ich dann in der Sukkot-Woche nach Flensburg fuhr, erfuhr ich dass die Gemeinde in Flensburg an dem Wochenende kein Schabbat hielt und in diesem Jahr keine Schemini Atzeret und Simchat Torah Feierlichkeiten seien würden.
Ich fuhr zu Schemini Atzeret dann nach Kiel und habe es dann dort in der konservativen Synagoge gehalten. Es war ein fantastischer Abend. Nach der Amidah wurde ich dann zur Bimah aufgerufen, denn ich musste eines der Torah-Rollen rausnehmen - das war dann das erste Mal, dass ich als Jude eine Torah-Rolle hielt. Dann fingen die Hakafot an, und mir war als ob ich schwebte. Es war ein fantastisches Gefühl, das einfach nur unbeschreiblich ist.
Als ich später am selben Abend dann auf dem Weg zurück nach Flensburg war, hatte ich sehr schönes Glücksgefühl, und dann realisierte ich, wie normal es für mich geworden ist, Jude zu sein.
Die Mikweh der grossen Synagoge Kopenhagens, kurz bevor ich einstieg
Dienstagmorgen bin ich früh aufgestanden, habe geduscht, und habe mich danach angezogen - und zog zum ersten Mal meinen Tallit Katan an, und betete dann mein letztes Morgengebet als Goj. Kurz danach kamen meine Mutter und meine Tante und hohlten mich, und mein Papa fuhr uns dann alle zur Innenstadt. Ich war sehr aufgeregt, und war genervt darüber wie schwer es war einen Parkplatz zu bekommen. Endlich bekamen wir einen und sind dann losgegangen.
Nach einer halben Stunde war ich dann endlich dran. Mein Beit Din bestand aus Michael Melchior, der Vater unseres jetzigen Oberrabbiners, Bent Lexner, unser alter Oberrabbiner, und Meir Rubinstein, ein schwedischer Rabbiner der wie Michael Melchior in Israel wohnt.
Wir sprachen über den langen Weg den ich bis dahin gegangen bin, und wie ich koscher halten will - es war alles viel leichter als ich gedacht hatte.
Dann musste ich kurz raus, und danach wieder rein - mein Gijur wird vollzogen, sagten sie mir. Danach ging es direkt zur Mikweh - als Jair mich in den Fahrstuhl zog war ich ganz steif, und wie Minuten vorher, den Tränen nahe, da die ganzen Emotionen der letzten 7 Jahre aufkamen.
Im Keller angekommen zog ich mich endlich aus und habe zum ersten Mal seit meinen 18. Geburtstag meinen silbernen Davidsstern ausgezogen. Danach ging ich endlich ins Wasser. Dann kamen die anderen rein, und ich musste mit meinen eigenen Worten sagen dass ich an G"tt glaube und dass ich die 613 Mizwot bis zum Tode befolgen werde. Dann sagte ich die Bracha für die Mikweh, und danach tauchte ich mit meinem ganzen Körper in die Mikweh.
Der Moment, wo mein ganzer Körper zum ersten Mal im Wasser der Mikweh war fühlte sich an wie eine Art Zwischenwelt.
Als ich kurz darauf vor dem Spiegel stand und mich wieder anzog, realisierte ich, dass ich endlich Jude bin.
Als ich aus dem Keller raus kam, gab mir meine Mutter einen goldenen Davidsstern, als Zeichen für mein neues Leben.
Nun ist nur noch ein Tag zurück. Ich kann es nicht fassen, Es sind nun sechs Jahre vergangen, seit ich den Wunsch bekam, Jude zu werden. Und alle die Jahre auf Lolland war es eine Qual, nicht mit dem Prozess anzufangen.
Die letzten zwei Jahre, seit ich den Prozess angefangen habe, waren sehr turbulent in meinem Leben - ich fing ein neues Leben an, es sind leider einige Familienmitglieder gestorben, die Uni, Reisen nach Israel und Deutschland, die Welt in einer neuen Perspektive zu sehen.
Mann, ich kann es überhaupt nicht fassen.
Es ist ein Wunder, dass ich es alles geschafft habe. Ich kann mich nur noch schwer vorstellen, wie es war, als ich auf Lolland wohnte und nur den Wunsch gehabt habe, es zu machen - wie ich schon sagte, es war eine Qual.
Ich vermisse mein altes Leben nicht.
Und vor zwei Jahren fing ich zu diesen Zeitpunkt ein ganz neues Leben an - das war ein Moment, auf dem ich so lange gewartet habe.
Und jetzt fange ich wieder ein ganz neues Leben an.
Letzte Woche war ich für einige Tage in Flensburg, das letzte Mal vor dem Beit Din, und es war schön entspannend. Am Tag nach meiner Rückkehr aus Flensburg bin ich mit meinen Eltern übers Wochenende nach Schweden gefahren, da ich in Göteborg meine Brit Milah haben sollte.
Es war ein schönes Wochenende, nahm viele Photos (Photos werden folgen!), und die Brit Milah an sich habe ich überlebt.
Überraschenderweise hatte ich keine ach zu grossen Schmerzen, weder bei der Bris an sich, noch nachdem die Betäubung nachgelassen hat. Am Tag danach waren die Bandagen das einzige was nervte - war befreiend die gestern abzulegen!
Nun steht mir der Beit Din im August nichts im Weg!
Heute Abend fängt das Pesach-Fest an. Letztes Jahr hatte ich hier mein erstes richtiges Pesach-Fest, und dieses Jahr ist es mein letztes Pesach-Fest als Goj (Nichtjude). Ich kann es - wie schon mehrmals gesagt - noch immer nicht wirklich fassen.
Letzten Montag war ich wieder bei einen Treffen mit unserem Oberrabbiner, Jair Melchior. Es ist das dritte Treffen, dass ich mit ihm gehabt habe. 2013 hatte ich noch im Gymnasium zwei Treffen mit dem damaligen Oberrabbiner, Bent Lexner, und hatte mein erstes Treffen mit Jair kurz nach meinem Umzug nach Kopenhagen. Mein zweites Treffen war letztes Jahr im März.
Ich erfuhr, ich solle in den nächsten drei Monaten nach Göteborg, um vom dortigen konservativen Rabbiner Peter Borenstein meine Brit Milah zu bekommen. Ich fühle mich inzwischen bereit zu diesem Schritt der Konvertierung, zu dem ich mehrere Monate nachgedacht habe.
Danach, sagte er, bin ich bereit für den Beit Din am 9. August.
Danach bin ich endlich jüdisch.
Gestern sagten mir mehrere, ich solle die Brit Milah in London oder Israel machen, da diese - vom konservativen Rabbiner - nicht überall anerkannt wird. Ich mache es trotzdem in Schweden - meine Konvertierung wird eh nicht in Israel oder Grossbrittanien für Eheschliesungen anerkannt, und ich habe es eh nicht so eilig mit dem israelischen Beit Din.
Ich kann es immer noch nicht fassen.
Jetzt muss ich nur noch Rabbi Borenstein erreichen, und einen Termin finden, der reinpasst in den Leseferien.
Vor zwei Tagen hatte ich mein zweites Treffen mit dem Oberrabbiner, Jair Melchior. Das Treffen verlief besser als ich es erhofft habe. Zuerst fragte er mich, was ich in der Zwischenzeit gelernt habe. Ich habe dann gesagt, dass ich in der Zwischenzeit in der Torah gelernt (und reflektiert) habe, und dass ich den Siddur (Gebetsbuch) nun mehr oder weniger Routinemäßig auswendig kann.
Er sagte mir dann, er habe einen Rabbiner in der Schweiz kontaktiert, damit dieser ihn eine Liste über deutschsprachige Bücher schicken kann die mir bei der Konvertierung hier in Kopenhagen helfen können. Zudem sollte ich nun auch anfangen, einige Abendkurse zu besuchen.
Ich kann es immer noch nicht fassen, auf diesen Augenblick habe ich gewartet seit ich 16 war!
Mein Lieblingsort in Kopenhagen: die grosse Synagoge
Wie ich im August berichtete, bin ich nun endlich umgezogen. Es wurde auch wirklich langsam Zeit. Ich bin nun mit dem Hebräischstudium angefangen, und obwohl ich vom neuen Oberrabbiner noch kein grünes Licht bekommen habe, sagen meine Freunde hier, dass meine Konversion schon angefangen habe.
In der Zwischenzeit ist mir aufgefallen, dass ich eigentlich jeden Tag glücklich bin - so ging es mir nicht auf Lolland! Der Neuanfang tat mir wirklich gut - mir ist nun klar geworden, dass mein eigentliches Leben erst jetzt beginnt, jetzt, wo ich endlich auf eigenen Beinen stehe. Baruch H´.
Jedes Wochenende gehe ich zum Schabbat in die Synagoge - Freitagabends meistens in der kleinen Synagoge im Chabad-Haus, Samstagmorgens dann in der grossen Synagoge. Ich liebe es. Allerdings ist es ziemlich schwierig, meinen nichtjüdischen Freunden zu erklären warum ich es liebe jedes Wochenende Stundenlang in der Synagoge zum G-ttesdienst zu sitzen. Man kann es Nichtjuden nicht erklären, sagt ein Freund von mir. Da hat er recht.
Ich liebe auch meine kleine Wohnung hier in der Vorstadt Albertslund - hier fühle ich mich wohl.
Und der Hebräischunterricht macht mir spass, und ich langweile mich auch nicht!
PS:
Der Grund, weshalb ich die letzten drei Monate hier nicht gebloggt habe, ist der hier: im August hatte ich keine richtige Zeit weil ich vieles andere um die Ohren hatte (mich in der neuen Umgebung einzugewöhnen, die Hochzeit meines Cousins in Deutschland etc ), und im September ging mein Computer kaput. Letzte Woche wurde er dann G-tt sei dank wieder repariert...oy vey....
So. Heute fängt der Schabbat an. Der letzte Schabbat auf Lolland. Nächste Woche um diese Zeit ziehe ich nach Albertslund, und fange dort ein neues Leben an. Etwas, nachdem ich mich sehr lange gesehnt habe.
Irgendwie fühlt es sich seltsam an dass dies der letzte Schabbat für mich auf Lolland sein wird - wirklich seltsam. Aber auch gut. Den ich sehne mich nach dem neuen Leben...
Und wenn ich endlich in Albertslund wohne, kann ich auch endlich anfangen eine koschere Küche zu halten - und so einiges wird leichter für mich sein.
Wie ich schon erwähnte, erfuhr ich kurz vor meiner Abreise aus Istanbul, dass ich zum Hebräischstudium in Kopenhagen zugelassen wurde. Das war wohl der glücklichste Moment den ich diesen Sommer hatte! Ein fantastischer Abschluss zu meinem Urlaub.
Inzwischen habe ich eine kleine Wohnung in Albertslund, einer Vorstadt zu Kopenhagen, die alles zu bieten hat was man zum Leben braucht. Nächste Woche ziehe ich dann um, und dort werden wir dann alles schön einrichten - mein Namensschild hängt schon dort! Mein G-tt, ich kann es wirklich kaum noch erwarten dort hin zu ziehen.
Inzwischen ist da nur noch ein Hindernis: der Führerschein. Am Dienstag ist dann auch meine dritte und allerletzte theoretische Prüfung. Allerletzte? Denn wenn ich diese noch mal nicht bestehe, brechen wir das ganze ab. Ich habe schon lange keine Motivation mehr. Anscheinend will G-tt nicht dass ich Auto fahre. Ich bereue zutiefst, dass ich das alles letztes Jahr überhaupt angefangen habe. Angst vor dem fahren habe ich nicht mehr - ich fahre nur nicht sehr gut, und dann, wenn man denkt, dass man die Theori kann, kann man es anscheinend doch nicht. Nein, ich habe wirklich kein Bock mehr darauf. Ich glaube auch nicht, dass ich es bestehen werde. Ich werde trotzdem weiter üben. Aber anscheinend kann ich es einfach nicht....
Ich habe zudem wieder Kontakt zum Oberrabbiner aufgenommen und nach einem dritten Treffen gebeten. Er sagte, da er am Ende dieses Monats in Rente geht, leitet er die E-Mail weiter an seinen Nachfolger, Jair Melchior. Er hat dann auch sofort geantwortet und gesagt wir können uns in zwei Wochen in der Synagoge treffen, wo ich ihn dann von meinem Willen und meinen Wünschen erzählen kann. Ich antwortete natürlich dass es gut passt, da ich sehr bald nach Albertslund ziehe.
Ich hoffe dass ich die Konversion an sich schon dieses Jahr anfangen kann. Ich habe es gewollt seit meinem 16. Lebensjahr....
Vor der Chanukkiya am Brandenburger Tor, Channukkah 2013
In den letzten paar Tagen seit den letzten Shiur in Kopenhagen und jetzt kurz vor meiner zweiten Israelreise musste ich oft an folgendes denken: was währe, wenn ich meine jüdischen Ahnen nicht entdeckt hätte? Was währe ich jetzt? Hätte ich es irgendwann doch noch entdeckt? Was war der totale Auslöser bei mir?
Ich wusste schon als ich konfirmiert wurde, dass ich später eines Tages Religion wechseln würde - entweder zum Buddhismus oder zum Baha´ismus. Aber dennoch...habe ich nie antworten bekommen. Ich habe zwar immer am G-tt geglaubt und war abergläubisch, und dennoch habe ich gesucht und gesucht. Ich kannte zwar schon Teile der Geschichte des Jüdischen Volkes, der Shoah, die Religion, und sogar über Israel - und aus irgendeinen Grund war ich schon davor eher Positiv, wenn ich das Wort Israel hörte.
Ich glaube, der entscheidende Augenblick für mich war, als ich das Lied "Shabat haMalka" von Ofra Haza hörte. Als ich das Lied hörte, war ich nicht nur von der umwerfenden Stimme der noch extrem jungen Ofra Haza begeistert - als ich es hörte, war mir, als würde was in mir erwachen. Die Töne hörte ich zum ersten Mal - und dennoch war mir so, als ob sie mir extrem vertraut waren.
Zur gleichen Zeit lasen wir auch in der Schule im Religionsunterricht über das Judentum - und wenn ich jetzt zurückdenke, ist mir klar, dass uns das Bild das und da vom Judentum vermittelt wurde ein eher oberflächliches. Als wir nämlich von den 10 Geboten sprachen, hat unser Lehrer die Weisheit "du sollst nicht töten" mit der Situation im Gaza-Streifen verglichen, und irgendwie war unser Lehrer beim Judentum mehr gelangweilt als beim Christentum oder dem Islam.
Mit 16 (zu dem Zeitpunkt hatte ich mir schon das lesen des hebräischen Alphabets beigebracht) suchte ich im Internet nach meinem Nachnamen "Kelmer" oder "Kellmer", und mir viel auf, dass die vielen Resultate oftmals Juden waren - so war da unter anderem auch der ehemalige Knesset-Politiker Mosche Kelmer, der in Polen geboren war. Und in Polen hat meine Familie auch ihre Wurzeln, bevor diese sich in Königsberg in Ostpreußen niederließen. Letztes Jahr hat ein DNA-Test jedenfalls bestätigt, dass wir jüdische vorfahren haben.
Inzwischen frage ich mich, ob mein Vorfahr sich noch in Polen assimilierte, oder es erst in Königsberg gemacht hat. Mein Opa (z"l) wusste nichts von unseren jüdischen Ahnen - vielleicht haben es seine Eltern auch verschwiegen, da dies eine sehr schlimme Zeit war, Jude zu sein - oder nur ein Drittel.
Mein Vater, und zwei meiner Onkel, gingen in ihrer Jugend mit Davidssternen. Mein Vater hatte sogar eine Tätowierung, die er aber später übermalen lies. Eine Bekannte von mir in Jerusalem sagte mir, dass die jüdische Seele schon damals versuchte rauszukommen.
Anscheinend bin ich jetzt derjenige, der es nun vollenden wird.
Ich kann mir jedenfalls ein Leben für mich ohne Judentum nicht mehr vorstellen - für mich gibt es kein Weg mehr zurück.
Letztens kündigte ich ja an, wieder am 1. Mai nach Kopenhagen zu fahren. Dies habe ich dann auch gemacht, und ich muss sagen, dass dies der schönste 1. Mai meines Lebens war.
Ich bin um 8 Uhr aufgestanden, habe geduscht, und mich dann fertig gemacht, und nahm dann den Zug nach Kopenhagen um 10 genommen. Unterwegs habe ich dann Isabel Allendes "Die Insel unter dem Meer" gelesen. Während der Fahrt haben einige Jugendliche dann auch unglaublich laut Musik gehört (G-tt sei dank hatte ich Kopfhörer mit...), bis dann bei Roskilde eine ungefähr 40-Jährige Isländerin sich einmischte, um dann allerdings noch mehr Krach zu machen.
In Kopenhagen angekommen, bin ich zuerst zu einem Buchladen gegangen, wo ich eine Perle gefunden habe: David J. Goldbergs "The Story of the Jews". Als ich danach noch in der Stadtmitte eine Platte gekauft habe, ging ich dann Richtung Nørrebro, wo ich dann zum ersten Mal seit meinem Israel-Aufenthalt wieder äthiopisch gegessen habe!
Ist zwar etwas kleiner als die Portion in Israel, schmeckte aber trotzdem gut!
Das fühlte sich befreiend an. Danach ging ich dann Richtung Fælledparken, wo jedes Jahr der 1. Mai gefeiert wird. Auf dem Weg dorthin kam ich dann am jüdischen Friedhof vorbei. Dort viel mir dann dieser Grabstein ins Auge, der mich wirklich deprimierte:
Grabstein von Frederik Salomonsen, der 1885. Gewidmet ist der Stein auch seiner Gemahlin Eva Wagner-Salomonsen, die 1943, im Alter von 88, nach Theresienstadt deportiert wurde und dort verstarb.
Im Park angekommen, ging ich zuerst zu meinem Lieblingsstand, dem Stand der Kommunisten. Dort bekam ich dann dieses:
Flyer, der zur Teilnahme Israels am ESC protestiert. Dort steht "Israel braucht sehr oft kulturelle Veranstaltungen um sich zu branden, um so von ihren Menschenrechtsverletzungen an den Palästinensern abzulenken". Gegeben wurde mir der Flyer von einer jungen Araberin im Hijab. Ich frage mich, weshalb ein religiöses Mädchen am Stand einer Ideologie steht, dass generell gegen Religion ist? Ach ja, die hassen ja beide Juden.
Ich konnte nicht widerstehen...ich werde das Buch bald hier besprechen. Bin mal gespannt, wie hier Terroranschläge verharmlost werden.
"Kapitalismus hat keine Zukunft - Sozialismus ist die Zukunft". Ja sicher, und weswegen ist die UdSSR gestorben?
"Arbejderen", eine kommunistische Zeitung, dessen Antisemitismus sowohl am "Stürmer" als auch der "Prawda" angrenzt. Hier im Artikel heisst es, das "mehrere Menschenrechtsgruppen gegen die Teilnahme Israels am diesjährigen ESC sind". Komischerweise wird hier nirgends in dieser Ausgabe was an der Annektierung der Krim an Russland erwähnt.
Beim Stand der Kommunisten war diesmal auch ein Poster, mit dem Anonym-gemachten Gesicht einer Araberin, wo steht "Terrorist? Freiheitskämpfer? Wer ist hier der Terrorist?". Wie immer wird der Terror an israelischen Zivilisten verharmlost, gerechtfertigt, oder ganz totgeschwiegen. Unter den Büchern waren dieses Jahr auch das antisemitische Hetzbuch von Max Blumenthal, der selbst von David Duke verehrt wird.
Nun denn, danach ging ich zu meinen Freunden am anderen Ende des Parks. Nach zwei Stunden bin ich um 17 Uhr gegangen, und habe mich dann Richtung Synagoge gemacht. Nach einer Weile hat mich dort ein Freund abgefangen, und hat mich rein gelassen. Beinahe hätte es keinen Minyan gegeben, bis dann in letzter Sekunde 7 jüdisch amerikanische Touristen ankamen. Der Chazan war sehr schnell, weswegen es etwas schwierig war, den Gebeten zu folgen. Allerdings wünschte ich, dass dieses nie enden würde.
Irgendwann ist mir eine Träne runter gelaufen. Danach, bevor ich mich von meinem Freund verabschiedete, fragte ich ihn "warum haben meine Vorfahren in Preussen diesen Glauben verlassen?".
Im Zug hörte ich dann ein Gespräch eines Mädchens mit ihrem Freund mit dem Handy. Sie erwähnte, wie ein betrunkener Einwanderer sie belästigt hätte und sie "Yahoud" nannte, und sie mit einer Gabel bedrohte. Als sie fertig war, fragte ich ihr, ob sie wisse, was "Yahoud" bedeute. "Nein," sagte sie. "Es bedeutet ´Jude´auf arabisch", sagte ich dann. Sie war sehr überrascht, auch, weil sie keine Jüdin ist, und sie sich wundere, weshalb der sie dass genannt habe.
Jedenfalls kann ich sagen, dass ich mich selbst seit meinen ersten Minyan viel glücklicher fühle als vorher. Ich glaube, dieser Tag war ein Wendepunkt, sowohl in diesem Jahr als auch meines Lebens.
Wenn ich in diesen Herbst zum Studium nach Kopenhagen gezogen bin, werde ich so oft wie möglich zur Synagoge gehen. Und ich hoffe, schon dieses Jahr den Prozess anzufangen.
So, morgen werde ich dann endlich für den 1. Mai nach Kopenhagen reisen.
Nachdem ich dann angekommen bin, werde ich mich etwas umschauen in der Stadtmitte;
Danach mache ich mich dann endlich auf dem Weg Richtung Park (Fælledparken). Auf dem Weg dahin gehe ich durch Nørrebro, ein Stadtteil, wo Juden besonders vorsichtig sein müssen. Dort werde ich dann (zum ersten Mal seit meiner Rückkehr nach Israel!) in dem dortigen äthiopischen Restaurant essen;
Im Park angekommen, werde ich dann zuerst zum Stand der Kommunisten gehen. Dort werde ich dann zuerst natürlich zum "Palästina Solidaritets"-Stand gehen, um zu sehen, was die dortigen Antisemiten dieses Jahr wieder angestellt haben. Letztes Jahr wurde mir bewusst, dass diese Leute alles Hinterwäldler sind! Danach gehe ich zum kubanischen Stand (obwohl die dortigen keine Kubaner sind), und schliesslich zum Nordkorea-Stand (natürlich ohne Koreaner...). Der einzige Stand wo tatsächlich welche aus dem Volk sind die die Stände repräsentieren sind die vom kurdischen PKK-Stand, und unter dem Palästina-Stand war letztes Jahr nur ein Palästinenser.
Um 17:00 gehe ich dann Richtung Synagoge, wo ich dann eine Stunde später bei meinem ersten jüdischen G-ttesdienst teilnehmen werde.
Gestern war ich ja, wie ich es schon vorgestern sagte, in Kopenhagen. Dort hatte ich dann endlich mein Treffen mit dem dänischen Oberrabbiner. Nachdem ich ihn dann gesagt habe, dass ich ab August in Israel bin, sagte er dann, dass ich als Vorbereitung zur Konversion, in einen religiösen oder konservativen Kibbuz gehen solle. Er sagte zudem, man solle das Judentum >>leben<<, und dort lerne ich dann die Traditionen und auch die Gebete auswendig. Zudem sagte er, dass wenn ich konvertieren möchte, dass ich es dann in Israel machen solle, da es dort schneller gehe als hier in Dänemark. Weil wir ja in Dänemark eine so kleine Gemeinde seihen, sagte er, kann es Jahre dauern. Er kennt jemanden, bei dem es sieben Jahre dauerte bevor die Konversion fertig war. Als ich fragte, ob ich es denn wagen solle, wenn ich da unten bin, sagte er: "Kann ja nicht schaden!"
Also werde ich dann in Israel versuchen. Ein Versuch ist es ja schließlich wert!
Heute Abend muss ich zur Fahrschule, und morgen soll ich dann nach Kopenhagen. Es ist keine normale Shopping-Tour, wie ich es manchmal mache, sondern ein Treffen mit dem dänischen Oberrabbiner. Dies ist nicht mein erstes Treffen, sondern mein zweites Treffen mit ihn. Das erste Treffen war im letzten Februar, wegen Konversion, und dort sagte er, er wolle noch mal ein Treffen mit mir bevor ich nach Israel fliege, zu einem Kibbuz. So, und morgen um 16:30 treffe ich ihn dann wieder. Ich bin gespannt;
Beim letzten Treffen sagte er mir, dass ich wegen meiner Konversion in einen religiösen oder konservativen Kibbuz gehen solle. Ich muss nur noch einen finden, wenn ich da unten bin.
Letztes Jahr, kurz bevor ich 18 wurde, habe ich den dänischen Oberrabbiner erstmals angeschrieben. Der schrieb, ich solle mich mit ihm unter vier Augen treffen, was ich mir ja schon gedacht habe. Über mehrere Monate habe ich mit ihm geschrieben, und wir hatten noch immer kein Datum gefunden, um uns wegen der Konversion zu treffen. Es war wirklich die Hölle! Und in den Weihnachtsferien, war der einzige Tag, an den er sich mit mir treffen konnte, an dem Tag, wo wir nach Flensburg gefahren sind!