Die Rede ist von Herman Glenn Caroll, oder wie er sich selbst nannte, H. G. Carrillo. Seine offizielle Geschichte war, dass er 1960 in Havanna geboren war, mit sieben Jahren nach Spanien kam, und dann nach einigen Jahren zog die Familie in die USA. Er erzählte zu Lebzeiten auch gerne, wie er als Kind als Klavier Protegé ein Wunderkind war, dass um die Welt zog. Später erzählte er seiner Familie, dass er dabei war, ein Wunderkind zu adoptieren, zu dem Punkt, dass sie Grußkarten für den Jungen machten, bis er ihnen schließlich erzählte, dass aus der Adoption nichts wurde. Seinen vielen Partnern würde er auch viele Geschichten auftischen, die allesamt ebenfalls erfunden waren.
Seine wahre Geschichte ist, dass er 1960 als Herman Glenn Caroll in Detroit in eine gut ausgebildete afroamerikanische Familie geboren wurde, und später mit seinem Vater brach, nachdem dieser seine Homosexualität nicht tolerieren wollte. Schon in seiner Jugend fing er an, Geschichten zu erfinden, und es wurde klar, dass er es nicht anders konnte.
Später legte er sich den Namen H. G. Carrillo zu, behauptete, Kubaner zu sein, und machte damit Karriere in akademischen Kreisen. Er veröffentlichte in Zeitschriften und Anthologien Kurzgeschichten, bis er 2004 seinen einzigen Roman, "Losing my Espanish" veröffentlichte.
Innerhalb der kubanisch-amerikanischen Gesellschaft, von der er selbst behauptete, Angehöriger zu sein, blieb er weitestgehend unbekannt. So beschrieb vor einigen Jahren eine kubanisch-amerikanische Bloggerin, dass er auf der Universität mehrfach mit anderen Lateinamerikanern (Hispanics auf englisch) und sogenannten "People of Color" verkehrte, aber nicht mit Kubanern. Er schrieb somit über kubanische Exilanten, aber nicht für sie - und hat anscheinend alles getan um nicht auf welche zu stoßen.
Innerhalb seiner Prosa, die sehr prätentiös geschrieben ist als eine Art Mischung aus englisch und etwas spanisch, findet man viele Wörter oder Slang, die Kubaner nicht gebrauchen, die stattdessen aus dem mexikanischen oder dominikanischen spanisch stammen.
Ich musste, nachdem ich den Artikel letztes Jahr zum ersten Mal las, sehr oft an den Frühsommer 2015 denken, wo eine gewisse Rachel Doležal international bekannt wurde, nachdem bekannt wurde, dass sie Jahrelang vorgab, schwarz zu sein.
Und die Story, brachte mich dann zu einem anderen Betrugsfall, aus dem Jahr 2008:
So veröffentlichte eine Gewisse Margaret B. Jones ein Buch mit ihren Memoiren, mit dem Titel "Love and Consequences", in der sie ihre Erinnerungen als Pflegekind weisser und indianischer Herkunft, und wie sie bei einer schwarzen Frau "Big Mom" in einem Ghetto in Los Angeles aufwuchs in der Mitte von rivalisierenden Gangs, und wie sie daraus kam und aufs College kam.