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Sonntag, 24. März 2024

Ach, der letzte Tag meiner Zwanziger!

Heute ist Purim, und es ist eines meiner Lieblingsfeiertage. Und heute fällt er zufällig auch auf dem letzten Tag meiner Zwanziger - denn morgen werde ich 30. 

Ich nehme es nicht all zu ernst, denn es ist nur eine Zahl, und in den letzten Jahren ist das Motto "30 ist das neue 20" in Mode gekommen. 

Aber wie ich schon letztens geschrieben habe, so fühlt es sich seltsam an, weil die Zeit tatsächlich so schnell geht. 

Es fühlt sich für mich wie gestern an, dass ich genau an meinem 20. Geburtstag mit meinem Vater auf einen der damals vielen Tagesreisen nach Rostock fuhr, wo ich mehrere Bücher und eine Evanescence Platte gekauft habe, und einige Tage später feierten wir meinen Geburtstag im Sommerhaus in Marielyst. Einen Tag bevor wir ins Sommerhaus gingen besuchte ich zum ersten Mal den Jüdischen Friedhof in Nakskov. 

Bei einem Grill im Sommerhaus

Chang wie er den Garten im Sommerhaus genießt 


Es war ein sehr kalter Frühling 


Rostock an meinem 20. Geburtstag 



Das Buch, Die russische Mauer, von Alissa Ganijewa, dass ich damals las 

Es war ziemlich Voll an dem Tag 

Der Kuchen 

Mittagessen in Rostock - natürlich Sushi bei Nordsee. 

Das war eigentlich ein sehr entspanntes und gemütliches Wochenende. 

Und dennoch war alles, woran ich damals denken konnte, dass ich weg wollte. Und ich bin so froh dass die langersehnten Veränderungen dann doch kamen. Und wie ich schon Donnerstag zum Fastentag sagte, finde ich es einfach sehr seltsam, wie sich dieses Zeitgefühl doch anfühlte. Im Dezember 2013 sitze ich noch halbschmollend in meinem Zimmer und wollte schon fast schreien, und im darauffolgenden Frühsommer fing ich schon an, zum Unterricht im Gemeindehaus zu gehen, in dem ich an den Sonntagen den frühesten Zug aus Nykøbing nahm. Und kurz darauf im Juli in Israel konnte ich dann endlich die Zeit nehmen, mich selbst zu finden. 

Und morgen beginnt dieser neue Lebensabschnitt damit, in dem ich Frühmorgens aufstehen werde und mit meinen Eltern für eine Woche nach Oslo fahren werde. Weder meine Eltern noch ich waren je in Norwegen, und ich bin sehr gespannt darauf, wie die Woche vergehen wird. 

Und genau so damals wie heute hoffe ich auf große Veränderungen, die auch hoffentlich bald eintreffen werden. Und werde hoffentlich auch im Sommer einen ganzen Monat in Israel verbringen. 

Samstag, 30. Dezember 2023

Meine Pläne für den Sommer 2024

Im kommenden Sommer ist es zehn Jahre her, dass ich einen Monat in Israel verbracht habe, das war derselbe Sommer, wo die ganzen Raketen aus Gaza über das Land herfielen. 

Die Strandpromenade von Tel Aviv im Juli 2014

Ich wollte schon lange wieder einen Monat da unten verbringen, das letzte Mal war im Sommer 2017. Ich hatte eigentlich gehofft, es dieses Jahr zu machen, allerdings gab es im Sommer einige Komplikationen, und meine Hoffnung vielleicht auch nur eine Woche im November dorthin zu gehen wurden dann durch den 7. Oktober zerstört.  

Allerdings wäre der Trip im kommenden Sommer nicht nur ein Urlaub - und auch nicht nur eine Art Markierung der 10 Jahre seit diesen unvergesslichen Sommer. In dem Monat möchte ich nämlich auch herausfinden, wo ich in Israel studieren möchte. 

Tel Aviv von Jaffa aus gesehen, Juli 2014

Ich erwähne nicht oft genug, wie prägend der Sommer 2014 auf mich war - wie er mein Weltbild geprägt hat, wie für mich da mehrere Kapitel geschlossen wurden, und ich dort mental auf den Umzug nach Kopenhagen und das darauffolgende Studium vorbereitet wurde. Und ich nahm dort viele Dinge auf für den Gijur, den ich dann im selben Jahr anfing. 

Ich denke oft zurück an die vielen Spaziergänge durch Tel Aviv, die Busfahrten - vor allem die Busfahrt nach Zfat und die nach Eilat - und die schönen Abende in der Negev. Der Tag in Eilat war auch wirklich unvergesslich, und dieses Mal will ich wieder einige Tage dort verbringen, hoffentlich wieder im selben Hotel wie letztes Jahr

Dieses Mal will ich dann aber auch einige Dinge versuchen und Orte besuchen, wo ich noch nicht war. Ich bereue es zutiefst, dass ich letztes Jahr nicht zum Timna Nationalpark ging, obwohl ich schon in Eilat war. 

In der Negev, auf dem Weg nach Eilat 

Blick nach Jordanien 

Im schön gekühlten Einkaufszentrum am Meer 

Ich möchte dann nach diesen Monat auch dann Ende August eine Woche - oder auch nur ein verlängertes Wochenende - in Hamburg verbringen. Denn vor zehn Jahren war ich die Woche nach meinen Umzug nach Kopenhagen dann mit meinen Eltern in Hamburg für ein verlängertes Wochenende für die Hochzeit meines Cousins. 

Blick von der Wohnung in der wir damals in Hamburg wohnten - sie lag direkt neben dem Hauptbahnhof 

Ein Abend für mich - an einen Abend konnte ich Zeit für mich selbst genießen beim Inder in der Hallerstrasse 

Ich hoffe wirklich dass diese Pläne gelingen werden. 

Und ich hoffe, dass der Krieg da unten bis dahin vorbei ist. 

Bis dahin kann ich leider nicht dahin - aber bis es so weit ist, habe ich schon eine ganz andere Reise hinter mir. 

Irgendwann nach Januar fahre ich für zwei Wochen nach New York. 

Donnerstag, 30. Juni 2022

Kleinigkeiten aus der Zeit vor dem Gijur, und was diese bedeuteten


Chanukka 2018 in der Großen Synagoge Kopenhagens 

Seit letztes Jahr denke ich oft an die letzten Monate auf Lolland vor dem Umzug nach Kopenhagen i Spätsommer 2014, und was diese für mich bedeuteten. Und auch auf die letzten Monate im Gymnasium 2013, da diese Zeit auch sehr mit der anderen verknüpft ist. An das letzte denke ich jetzt vor allem weil ich letztes Jahr zum ersten Mal nach langer Zeit wieder feiernde Abiturienten feiernd mit ihren Mützen sah - und dann sofort an meine Tage damals denken musste.  

In der Zeit ging es mir ja auch so, dass ich endlich damit anfangen wollte, zum Judentum zu konvertieren. Das konnte ich allerdings erst dann machen, wenn ich in einer Stadt lebte, wo es auch eine Gemeinde gibt. Zuerst wollte ich nach Berlin um es dort zu machen, aber nach meinen ersten beiden Besuchen nach dem ersten Mal in Israel - Flensburg im November und Berlin im Dezember 2013 - war es dann etwas, was ich mir dann aus dem Kopf schlug. Ich entschied mich, nach Kopenhagen zu ziehen und es dann dort zu machen. 

Am Abend vor meiner Abreise nach Israel habe ich dann zum aller letzten Mal in meinem Leben Schweinefleisch gegessen. Das war schon ein Bruch, der was an sich hatte. 

Irgendwo auf Lolland im Sommer 2013, kurz vor der Reise nach Israel 

Allerdings war es auch so, dass ich damals keine Ahnung hatte, wo ich hätte anfangen sollen. Und zwar wusste ich auch, dass am Samstag Schabbat (oder besser gesagt: ab Freitagabend) ist, aber dennoch hatte ich noch immer keine Ahnung, wie es sich anfühlt, ihn zu begehen, und die ganzen Rituale. Ja, zwar stand es in Rabbi Laus Buch "Wie Juden leben" (auf englisch Practical Judaism), aber dennoch war es schwer nachzuvollziehen. 

Ich erinnere mich noch sehr gut auf die Feiern im Gymnasium, die da einmal im Monat stattfinden würden. Nachdem das Gymnasium vorbei war, war es auch damit vorbei. Und dennoch war es dann immer so, dass das Wochenende wie jeglicher anderer Tag war, auch weil ich nicht wirklich viel zu tun hatte - denn es war nicht jeder Tag, wo ich meine Eltern auf der Arbeit half. 

Kerzen im Theater "Sprøjtehusteatret" in Nykøbing, auf einem Freitagabend im späten Februar 2014

Allerdings muss ich sagen, dass ich vom Januar 2014 langsam spürte, dass da Freitagabends eine bestimmte Energie in der Luft war, sobald sich die Dämmerung näherte. Das war irgendwie beruhigend. Sehr bestimmt erinnere ich mich, als ich an einem Freitagabend im späten Februar zu einem Theaterstück in Nykøbing Falster ging, wo ich dann nach der Ankunft in der Stadt - die Sonne ging langsam runter, eine gewisse Stimmung spürte. 

Und dennoch. Freitag und Samstag waren Tage wie alle andere, und das änderte sich gewaltig nach dem Umzug nach Kopenhagen. 

Im späten Frühling 2014 begann ich dann allerdings schon langsam meinen Gijur-Prozess, in dem ich einmal im Monat Sonntagmorgen mit dem Zug nach Kopenhagen fuhr, um dort zum Unterricht im Gemeindehaus zu gehen. 

In meiner ersten Wohnung in der Kopenhagener Vorstadt Albertslund 

Ich würde jetzt auch sagen, dass ich in den letzten 7-8 Monate vor dem Umzug sehr unruhig - ich sehnte mich halt sehr nach Veränderung. 

Ich zog dann im Spätsommer 2014 um, aber einige Tage später kam ich zurück nach Lolland weil meine Eltern und ich zur Hochzeit meines Cousins nach Hamburg sollten. Die Hochzeit - einer Dorfkirche außerhalb von Hamburg - fand an einem Samstag statt. Am Freitagabend ging ich dann indisch essen, und versuchte zu verstehen, was in den letzten Tagen passierte. 

Im indischen Restaurant Maharani in Hamburg, August 2014

Am Tag nach der Hochzeit bin ich dann zurück nach Kopenhagen gefahren, da am nächsten Tag die Intro-Woche für die Uni anfing. Und so begann noch ein neues Kapitel in meinem Leben an. 

Am Ende der Intro-Woche war da ein Abendessen auf der Uni für uns die die Nahost-Fächer studierten. Nach dem Essen (mit dem wohl langweiligsten Hummus aller Zeiten) gingen wir dann alle zum Keller des Gebäudes, wo eine Diskothek aufgestellt war. Ich ging auf die Tanzfläche und....verlies den Raum nach 20 Sekunden. 

Warum?

Weil ich spüren konnte, dass das schon längst nicht mehr meine Welt war. 

In der darauffolgenden Woche war ich dann zum ersten Mal im Chabadhaus, in der kleinen Synagoge Machsike Hadas zum Kabbalat Schabbat, und zum Morgengebet dann in der grossen Synagoge. 

Das war dann meine Rutine am Wochenende von da an. Eine Zeit lang war ich so gut wie jeden Freitagabend im Chabadhaus, bis ich anfing, die häuslichen Rituale des Kiddusch zuhause sprach. 

Ein Jahr später war ich dann an einem Freitagabend auf Lolland, wo ich zum Geburtstag einer Freundin war. Und so gemütlich wie es war, konnte ich nicht wirklich aus dem Kopf bekommen, dass ich wohl etwas anderes machen musste. (Und zudem war es dann so: alle anderen aßen an dem Abend Schweinefleisch, für mich haben die Hühnchenbrust serviert - und heute kann ich nicht mehr das Fleisch vom Supermarkt nebenbei essen....) 

Das war halt die Realisierung, dass diese Zeit für mich vorbei war. 

Nach dem Umzug nach Kopenhagen würde ich dann zwar noch immer treifes Fleisch (aber kein Schweinefleisch oder Garnelen) essen - aber dann ab ungefähr Januar 2016, würde dieses Fleisch anfangen sich für mich säuerlich zu schmecken, und ich kaufte dann kein Fleisch mehr ein. (nach meinem Gijur im Sommer 2016 dauerte es allerdings noch ein Jahr, bis ich koscheres Fleisch kaufte - es ist halt etwas teuer hier in Dänemark)

Letztendlich aber würde ich sagen, dass ich nichts bereue und es das ganze wehrt war. 

Ich bereue nichts. 

Die Mikwe im Keller vom Gemeindehaus in Kopenhagen

Dienstag, 30. Dezember 2014

Jahresrückblick

So, nun der Jahresrückblick 2014.

Januar:
Erleichterung über den Jahreswechsel
Review zu Coldplays Meisterwerk Viva la Vida
Nazi-Pilgern in Frankreich
Filmkritik: The Attack
Melisa Omeragic
Nachruf zu Scharon
Filmkritik: Monanieba
Gedenken a la Heuchelei 
Dinge, die man in Gerichtsshows lernt

Februar:
Opferneid gewinnt Goldene Kamera
Filmkritik: Train de vie
Gedanken zum syrischen Bürgerkrieg
35 Jahre Islamische Revolution

März:
Freude über den Frühling
Vorfreude - dauerte noch lange!
Filmkritik: Prikotschenija Ali Babij i 40 razbojnikov
Beschäftige Woche 

April:
Kalter April
Mein Kommentar zu DSDS 2014
Review zum Magnum Opus der Bangles
Gedanken
Filmkritik: Luna Papa
Gerettete Osterferien
Wahre Gedanken.
Filmkritik: Entre tinieblas
Frühling - und Vorfreude auf etwas unerwartetes
Lalehs debut
Ablauf für den ersten Mai

Mai:
Der 1. Mai, der alles änderte
Break every rule
Filmkritik: Alicia en el pueblo de Maravillas
Joan Osbornes magnum opus
Sommergedanken
Warum ich nicht wählte
Bekanntes Gesicht bei Family Stories
Nachruf zu Hanna Maron

Juni:
Filmkritik: Fill the void
Ein etwas anderer Sommer
Filmkritik: Das Geisterhaus
Filmkritik: El laberinto del Fauno
Filmkritik: The Human Resources Manager
Review zum lang ersehnten Lana Del Rey Album
Reflektionen zu meiner Reise
Endlich ab nach Israel
Hoffnung tot.

August:
Ein unvergesslicher Monat in Israel
Istanbuler Stunden
Was mich erwartet
Asi TV Star wird peinlicher als zuvor
Letzter Schabbat auf Lolland
Neuanfang
53 Jahre Mauerbau - und Glorifizierung der SED
Letzte Nacht auf Lolland

November:
3 Monate Kopenhagen
Kristallnachtsgedenken in Kopenhagen
Kopenhagener Herbst
Ende des Novembers

Dezember:
Was letztens passierte
2014 - was für ein Jahr
Buchempfehlungen 2014



Bücher, die mich dieses Jahr bewegt haben - 2014 Version

Letztes Jahr machte ich ja eine Liste über Bücher, die mich in dem Jahr bewegt haben. Also dachte ich mir, wieso nicht auch eine 2014 Liste? Also, fangen wir an!

1. Die Insel unter dem Meer, Isabel Allende
"Die Insel unter dem Meer" (La isla bajo el mar) erzählt die Geschichte der Mulattin Zarité, genannt Tete, die als Sklavin des Plantagenbesitzers Toulouse Valmorains aufwächst, und oft von ihn vergewaltigt wird. Geborgenheit erfährt sie nur von seiner sterbenden Frau Eugenia und von der Voodoo Priesterin.

Nachdem mehr und mehr Sklaven aus Afrika nach Saint Domingue eingeführt werden, und diese und deren Nachkommen anschließend die Mehrheit der französischen Kolonie bilden, dauert es natürlich nicht mehr lange, bis sich die Mehrheit gegen die Unterdrücker wehrt. Der Anfang der haitischen Revolution. Zarité flieht dann zusammen mit Valmorain, seinen Sohn und ihre Tochter nach New Orleans. Aber sie muss sich immer noch ihre eigene Freiheit erkämpfen....

Isabel Allende ist eine fantastische Schriftstellerin. Ihre Art zu erzählen ist wahrhaftig einzigartig, und man kann sie auch mit keinen anderen Autor der Welt vergleichen. Wie man hier sieht, hat sie sehr lange über die Zeit der französischen Kolonie Saint Domingue recherchiert, und um die Umstände der Revolution, die zur Unabhängigkeit Haitis führten. Neben der Tatsache, dass diese Zeit im Roman beim lesen so unglaublich lebendig wird, passt hier auch wieder der für Isabel Allende so typische magische Realismus ins Bild. So hat Zarité auch Begegnungen mit Loas, den Geistern im Voodoo Glauben.

2. Amon - Mein Grossvater hätte mich erschossen, Jennifer Teege
Jennifer Teege wird als Tochter einer Deutschen und eines Nigerianers geboren, und wird kurz nach ihrer Geburt adoptiert. Sie hat eine schöne Kindheit und Jugend, und lebt später auch mehrere Jahre in Israel. Recht spät, inzwischen verheiratet und hat Kinder, erfährt sie die dunkle Seite ihrer Familiengeschichte: ihr Großvater war Amon Göth. Ein Nazi, der mehrere Leben auf dem Gewissen hat - die Darstellung seiner Morde in "Schindlers List" werden viele fürs Leben nicht vergessen.

"Mein Großvater war ein Psychopath, ein Sadist. Er verkörpert all das, was ich ablehne: Was muss das für ein Mensch sein, dem es Freude macht, andere Menschen möglichst einfallsreich zu quälen und zu töten? Ich finde keine Erklärung dafür, warum er so wurde. Als Kind schien er noch ganz normal..."

Ich finde es faszinierend, wie Jennifer Teege diese Fragen auf die Spur geht - wir erfahren hier über das Leben Amon Göths vor seiner NSDAP Zeit. Nebenbei erzählt sie auch über das Leben ihrer leiblichen Mutter - die den Kontakt zu ihr nicht wünscht. Und auch über Jennifers Zeit in Israel, und den vielen Begegnungen die sie dort hatte. So hat sie dort zum Beispiel für Holocaust-überlebende auf deutsch vorgelesen.

Ich fing das Buch im November 2013 an, auf dem Weg von Hamburg nach Flensburg, und las das Buch dann im Januar dieses Jahres fertig. Ein sehr persönliches Buch, das ich jeden weiterempfehlen kann.

3. Bekenntnisse, Nina Hagen
Die Autobiografie Nina Hagens - hier beschreibt sie schonungslos, und in ihrer eigenen Sprache, über ihre frühe Kindheit im DDR der 50´er Jahre, der Scheidung ihrer Eltern, wie sie von ihrer Mutter vernachlässigt wird, ihrem persönlichen Wandel durch Wolf Biermann, von ihrem Start der Gesangskarriere und ihrer Zeit nachdem sie die DDR verlässt.

Ich liebe es, wie sie auf ihre eigene schrille Art die Dinge beschreibt, und doch ganz ernst bleibt. Es gibt wohl auch einen Grund, weshalb ich ein großer Fan von ihr bin. Es muss auch gesagt werden, dass einige Passagen, wie zum Beispiel wenn es um Sachen wie die Scheidung ihrer Eltern oder wie Kalt ihre eigene Mutter zu ihr war, einen die Tränen kommen. Auch, wie sie mit ganz einfacher Alltagssprache die Parteibonzen der SED und die Stasi beschreibt - das macht auch total spass! Zudem habe ich erst hier durch das Buch den recht zweideutigen Text von "Du hast den Farbfilm vergessen" verstanden.....oh mein G-tt, wie kann es sein, dass mir das vorher so nicht richtig aufgefallen ist? Naja, jetzt weis ich es wenigstens.

4. Das Geisterhaus, Isabel Allende
Ein Klassiker der lateinamerikanischen Literatur - auch ein Buch, das man lesen muss, bevor man stirbt. Der Roman beschreibt die Geschichte der chilenischen Familie Trueba, wie sie die turbulenten Jahre des 20. Jahrhunderts übersteht und die verschiedenen Tragödien innerhalb der Familie.

Im Mittelpunkt steht die Matriarchin der Familie, Clara del Valle Trueba, die schon als Kind Zeichen übernatürliche Kräfte (und Autismus....) aufzeigt. Nachdem sie den Tod ihrer grossen Schwester vorhersieht, und kurz Zeugin ihrer Autopsie ist, schweigt sie für Jahre. Esteban Trueba, der ehemalige Verlobte ihrer Schwester, hat es inzwischen zu Reichtum gebracht - und ist inzwischen zu einem Sadisten angereift, der seine Bediensteten peinigt, und eine Magd vergewaltigt hat. Als er zur Beerdigung seiner Mutter in die Hauptstadt zurückkehrt, sieht er Clara wieder, und verliebt sich in sie. Als er um ihre Hand anhält, spricht sie wieder, und die beiden heiraten. Inzwischen zeigt seine Schwester Ferula Interesse an Clara - und Clara sieht dann in einer Vision den Tod ihrer eigenen Eltern voraus.

So viel zur Handlung - ich habe hier versucht, so wenig wie nur möglich zu spoilern. Der Roman ist eine wahre Wucht, und machte Isabel Allende über Nacht berühmt. Der magische Realismus ist hier auch wieder fantastisch beschrieben worden.

Zur Review von der Verfilmung von Bille August, hier.

5. Das Mädchenorchester von Auschwitz, Fania Fénelon
Es ist nicht selten, dass ich einen Roman lese, der einen unglaublich zu Tränen berührt. Besonders nicht, wenn es ein Tatsachenroman ist. "Das Mädchenorchester von Auschwitz" sind die Memoiren der französisch-jüdischen Chansonsängerin Fania Fénelon, die sie aus ihren damaligen Tagebuchaufzeichnungen basierte.

Das Buch beginnt mit ihrer Befreiung aus Bergen-Belsen, wo sie dann für die BBC singt - in dem Moment erfuhr ihre Kusine in London dass sie noch lebt. Danach wird kurz von ihrem Leben vor dem Krieg erzählt - sie wuchs als Fania Goldstein im Paris der 20´er und 30´er auf, und studierte Musik - ihre Ehe mit einem Nichtjuden wurde vom Kriegsausbruch unterbrochen. Sie schließt sich der Resistance an, und singt unter dem Pseudonym Fania Fénelon in einer Bar in der Nacht. Schließlich wird sie verraten, und nach Auschwitz deportiert. Nachdem sie mit ihrer Gesangsstimme überzeugt, wird sie ins Mädchenorchester verlegt, dass von der österreichischen Jüdin Alma Rosé geleitet wird. Sie wird dort mit dem Rassismus der deutschen und polnischen Aufseherinnen konfrontiert, sowie mit den verschiedenen Rivalitäten ihrer Mitinsassinnen, und sogar mit diversen lesbischen Liebschaften.

Schonungslos berichtet sie von der Unmenschlichkeit im Lager. Sie beschreibt auch, wie einige ihrer Mitinsassinnen anfangen, die Musik wegen ihrer Situation zu hassen. Das Buch wurde von ehemaligen Mitinsassinnen wie Anita Lasker-Wallfisch wegen der negativen Darstellung von Alma Rosé kritisiert, allerdings sehe ich in der Darstellung nicht so viel negatives, wie von vielen behauptet wird. Ich werde mir 2015 mal die Memoiren von Anita Lasker-Wallfisch durchlesen.

Triviales: in einen Film über das Mädchenorchester wurde Fania Fénelon von der Antisemitin Vanessa Redgrave gespielt, die dafür sogar einen Oscar gewann. Fania Fénelon war schockiert über die Wahl des Regisseur, von Redgrave dargestellt zu werden und ging in einem Interview auf sie los. Gut, sage ich da nur, gut.

6. Die Synagoge, Chaim Noll
Letztes Jahr verschlang ich Chaim Nolls Novellensammlung "Kolja" binnen eines Abends. Deswegen überraschte es mich nicht, dass ich diesen Roman auch so schnell verschlang.

Der Roman spielt in einer kleinen israelischen Stadt in der Negev-Wüste. Der Mittelpunkt der Handlung ist die Namen-gebende Synagoge, die von einer syrisch-jüdischen Großfamilie gespendet wurde, als "Wiedergutmachung" für einige Skandale. Dort kommt es allerdings Anfangs nur selten zu einem Minjan am Schabbat; im Roman treffen wir verschiedene Menschen der Stadt, wie die gemischte Cane Familie, das deutsche Paar Abi und Livia, Orit Weissgold, dem Engländer Paul oder die junge Yael.

Nach einiger Zeit kommt es in der Synagoge am Schabbat wieder zum Leben, und die meisten sind damit zufrieden. Aber nicht alle sind damit zufrieden - so stiehlt der linke Wehrdienstverweigerer Holly, Sohn der Canes, eines Nachts eine Torahrolle und setzt die Synagoge in Brand. Währenddessen beginnt seine Exfreundin Yael eine Beziehung mit seinem älteren Bruder Adam...

Ja, ich versuche hier nicht so viel zu verraten, es gibt im Roman hier sehr viele Subplots und Charaktere - ich will ja auch nicht so viel spoilern.

Beim Lesen konnte ich mir nu zu gut die beschriebene Stadt in der Negev vorstellen - ich habe mich im Sommer so sehr in die Negev verliebt, dass ich zum Wüstenmensch geworden bin. Mir gefällt neben Nolls sehr menschlichen (an Anna Seghers erinnernden) Erzählkunst auch, wie er die verschiedenen Charaktere einführt - die Charaktere gehen einen sehr schnell zu Herz, und sie kommen einen sehr real vor. Sie stellen sehr gut die Vielfältigkeit der israelischen Gesellschaft da.

7. Weiter leben - eine Jugend, Ruth Klüger
Ruth Klüger erzählt hier schonungslos über ihre Kindheit und Jugend - vom Wien der 30´er Jahre, bis hin zum KZ-Aufenthalt mit ihrer Mutter.

Beim lesen kamen mir (im Zug!) mehrmals die Tränen - und das vom ersten Kapitel an. Das passierte mir erst wieder in diesem Monat, als ich Das Mädchenorchester von Auschwitz las.

Im Buch setzt sich Ruth Klüger auch sehr schonungslos mit der "Erinnerungskultur" auseinander, und es brachte mich auch sehr zum nachdenken. So erwähnt sie wie der Ausnahmefall vom KZ Buchenwald, wo ein jüdisches Kind von politischen Häftlingen versteckt und somit gerettet wurde, so dargestellt wird als ob es keinen Unterschied gab zwischen den jüdischen, Sinti & Roma und politischen Gefangenen. In der DDR wurde die Verfilmung ("Nackt unter Wölfen", Review folgt)  der literarischen Aufarbeitung (wo der Autor, der selbst in Buchenwald war, sehr viel zum Gunste der SED ändern musste, um es veröffentlichen zu können) schon beinahe zu propagandistischen Zwecken missbraucht, wo das Kind nicht im Mittelpunkt war, sondern nur der antifaschistische Kampf hervorgehoben wurde.

Hierzu erwähnt Klüger, dass viele der politischen Häftlinge selbst Antisemiten waren.

Über diese Dinge habe ich nicht gedacht, bevor ich dieses Buch las. Das Buch wurde mir im Sommer von Chaim Noll empfohlen.

Wie ich schon letztes Jahr sagte, so kann ich jedes der Bücher hier empfehlen!

Nun bin ich gespannt, was ich 2015 so lesen werde. 

2014 - was für´n Jahr....

Der Bahai Tempel in Haifa - eines der Höhepunkte dieses Jahr!
Nun ist es wieder so weit - morgen ist es der letzte Tag dieses Jahres. Ich muss nun wirklich sagen, dass ich ein wahrhaftig fantastisches Jahr hatte. Nach den ersten drei, etwas deprimierenden Monaten, begann für mich am 1. Mai eine Wende, nach dem mein Freund Boaz mich zum ersten Mal zum jüdischen G-ttesdienst mitnahm. Danach fühlte sich meine Seele irgendwie gereinigt an. Sehr unbeschreiblich. 

Der Sommer war dann der Höhepunkt - ich kam wieder nach Israel, das einzige, an das ich bis dahin gedacht habe. Der Sommer war eine irgendwie wieder eine Art Erholung, nach all dem Stress auf Lolland. Ich fühlte mich da auch wieder so unabhängig wie noch nie zuvor. 

Während des Urlaubs in Israel bekam ich dann auch endlich eine Wohnung in Albertslund - nun brauchte ich nur die Aufnahme zum Studium (obwohl ich mir deswegen keine Sorgen machte). Ich hatte auch eine fantastische Woche bei meinen israelischen Ersatzeltern, und mir wurde wiedereinmal bestätigt, dass ich ohne Reisen nicht leben kann.

Auf dem Heimweg nach Dänemark hatte ich dann einen mehrstündigen Aufenthalt in Istanbul, wo ich die Vielfältigkeit des Taksim-Platzes bewunderte. Am selben Abend wurde mir dann auch noch bestätigt, dass ich zum Hebräischstudium aufgenommen worden bin. 

Danach hatte ich dann 14 Tage auf Lolland - nachdem ich zum dritten Mal die theoretische Prüfung nicht geschafft habe, habe ich das ganze mit dem Führerschein aufgegeben. Und jetzt frage ich mich, wieso ich schon 2013 nicht aufgegeben habe. 

Am 15. August bin ich dann nach Albertslund umgezogen. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, wusste ich, dass mein neues Leben angefangen hatte. Danach war ich in Hamburg zur Hochzeit meines Cousins, und danach war da eine Intro-Woche auf der Uni - die mir so sehr am Arsch vorbei ging....

Danach fing das Studium an - und in der selben Woche fing ich an, regelmäßig zum G-ttesdienst in der Synagoge zu gehen. 

Ich kann nicht klagen. Mein Leben hat sich so sehr zum besseren gewendet, und ich vermisse die drei Jahre auf dem Gymnasium überhaupt nicht, und Lolland generell vermisse ich nicht. Ich habe einen neuen Tagesrhytmus gefunden, eine neue Familie gefunden, und vieles anderes. 

Leckerer Kuchen in Istanbul


FILMKRITIK: The Devil & the Song (Südafrika 1989) (2/10)

Regie: Bromley Cawood  Produktion: P.G. du Plessis, Albie Venter, Frederik Botha Drehbuch: P.G. du Plessis Musik: Bles Bridges Darsteller: V...