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Samstag, 5. November 2016

FILMKRITIK: The Flower Girl (Nordkorea 1972) (6,5/10)

Alternative Titel: Das Blumenmädchen, 꽃파는 처녀, Kkot panŭn ch'ŏnyŏ

Regie: Choi Ik-kyu, Pak Hak
Produktion: Staatliches Filmstudio Paekdu San
Drehbuch: Choi Ik-kyu, Pak Hak nach einem angeblich von Kim Il-sung geschriebenen Manuskript
Musik: Song Deung-chun
Darsteller: Hong Yong-hee, Ru Hu-nam, Kim Ren-ri, Ko So-am, Pak Hwa-son, Han Chon-sob

Handlung:
Korea um 1930, während der japanischen Besatzung: Die 16 Jährige Koppun (Hong Yong-hee) verkauft in der Stadt Blumen, um Medizin für ihre kranke Mutter (Ru Hu-nam) zu kaufen, die Leibeigene eines korrupten mit den japanern kollaborierenden Landbesitzers (Ko So-am) ist. Die boshafte Gattin des Landbesitzers hat Sun-hee (Pak Hwa-son), Koppuns Schwester aus Wut mit kochendem Wasser geblendet. Als ihre Mutter stirbt und der Landbesitzer sie als Sklavin verkaufen will, läuft Koppun weg und macht sich auf die Suche nach ihrem in Haft sitzenden Bruder Yong-chol (Kim Ren-ri).

Review:
Mann, wo fange ich hier an...."The Flower Girl" ist wohl der berühmteste Film aus Nordkorea, neben den Infamosen, von Shin Sang-ok gedrehten Monsterfilm "Pulgasari". Er erschien 1972, und basiert sich auf eine revolutionäre Oper, die 1930 angeblich von Kim Il-sung selbst geschrieben wurde. Ich bezweifle die originelle Version, genau wie das meiste aus der Biographie des grossen Führers.

Wie gesagt erschien der Film 1972, und ist sowohl ein Paradebeispiel von nordkoreanischer Propaganda als auch von Realsozialismus als Genre. Als der Film damals raus kam, war der Realsozialismus als Filmgenre im Ostblock schon mehr oder weniger ausgestorben, selbst in der Sowjetunion. Das stoppte allerdings nicht den Erfolg des Filmes in Übersee, besonders in China, wo die Filmindustrie seit dem Anfang der maoistischen Kulturrevolution total stagniert war und mehr oder weniger non existent war. Der Film wurde dort so populär, dass mehrere Kinos den Film 24 Stunden am Tag non stop zeigten. "The Flower Girl" gewann auch mehrere Internationale Filmpreise (besonders im Ostblock), und wurde auch in der DDR ein Erfolg, als "Das Blumenmädchen".

Wenn man den Film sieht, muss man auch folgendes bedenken: Korea war fast 40 Jahre unter japanischer Besatzung, von 1910 bis 1945. Danach wurde das Land - ähnlich wie Deutschland - in einem sowjetischen Teil und einen amerikanischen Teil geteilt, und beide Länder erklärten 1948 ihre Unabhängigkeit. Die 35 Jahre japanischer Besatzung war ein sehr großes Trauma in der koreanischen Psyche, und ihre Konsequenzen sind selbst heute noch zu spüren - in beiden koreanischen Staaten gibt es einen sehr grossen Antijapanismus, und die "Trostfrauen" - Koreanerinnen die gezwungen wurden sich für die japanische Armee zu prostituieren - werden noch heute von grossen Teilen der koreanischen Gesellschaft gemieden und oft fälschlicherweise als Kollaborateurinen gebrandmarkt. Die koreanische Kultur wurde auch stark unterdrückt - so mussten alle Schüler und Studenten die täglichen Rituale in Shinto Tempeln besuchen, und mehrere christliche Schulen schlossen sich selbst aus Protest. Die koreanische Sprache wurde auch unterdrückt, und japanisch war die einzige Unterrichtssprache.

Die Partisanen unter der Leitung von Kim Il-sung war eine der grössten Widerstandsgruppen, und diese verübten Anschläge auf sowohl japanische Soldaten als auch an Kollaborateuren. Viele Propagandafilme aus Nordkorea haben den Widerstand gegen die Japaner als Thema - dies ist wohl nur der international berühmteste. Allerdings wird die Propaganda erst gegen Ende deutlich, als die Partisanen die Landbesitzer - die im Film schlimmer dargestellt werden als die Japaner selbst - töten und der lange Totgeglaubte Bruder von Koppun eine bewegende patriotische Rede hält. Viele der Kinobesucher, die die japanische Besatzungszeit miterlebten, konnten sich wohl sehr mit der Szene identifizieren, und es war wohl auch für viele gut, mal einen Film zu sehen wo das Volk an sich im Mittelpunkt steht, und nicht die Partisanen oder gar der Führer selbst. Sich über sowas beschweren konnten die natürlich nicht.

Das Schauspiel im Film ist sehr normal für den Realsozialismus - sehr hölzern und theatralisch, obwohl ich schon schlimmeres gesehen habe. Mit einer Ausnahme: Hong Yong-hee, die Hauptdarstellerin, gibt eine sehr gute Darbietung, die sie von den anderen Schauspielern herausragen lässt. Sie ist sehr überzeugend, und die Kamera liebt sie. Sie wurde in ihrem Heimatland mit dem Titel "Volkskünstlerin" ausgezeichnet, und wurde später auf der Währung des Landes verewigt. Ich weis nicht, ob sie ihre Filmkarriere nach ihrem Debut fortgesetzt hat, aber ihre Rolle als Koppun wurde sie nie richtig los.

Alles in allen ist der Film nicht so schlimm, wie ich ihn mir vorgestellt hätte. Wenn man mal von der Propaganda weg sieht, ist der Film an sich eigentlich gut, und gleichzeitig ist es sehr faszinierend einen nordkoreanischen Film zu sehen.

Screenshots:

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