Sonntag, 2. Oktober 2016

Gedanken zum jüdischen Jahreswechsel 5776/5777

Ich bin nun seit zwei Monaten Jude. Und ich bereue nichts.

Letztes Jahr zu diesen Zeitpunkt hatte ich überhaupt keine Ahnung, was das Jahr 5776 mir bringen würde. Ich musste 5775 vieles durchmachen, der Tod meiner Grossmutter war sehr prägend. Dieses Jahr sind noch mehr verstorben. Man kann dagegen nichts machen.

5775 fing ich nach dem Tod meiner Grossmutter an, die Brachot zu sagen, wenn ich etwas esse oder trinke. Im Dezember hörte ich dann damit auf, nicht-koscheres Fleisch in meine Küche zu bringen - irgendwann musste ich eh damit anfangen!

Im Januar, am Neujahstag sogar, realisierte ich dann Schritt für Schritt, dass ich müde bin vom Gojisch sein - besonders als ich im selben Monat in Israel war. Im darauf folgenden Frühling erfuhr ich dann, dass ich bereit bin für den Beit Din.

Daraufhin hatte ich im Sommer dann meine Brit Milah, und fuhr kurz darauf für den ganzen Juli nach Israel.

Zurück in Kopenhagen wurde ich dann endlich Jude.

Ich fasse es noch immer nicht. Und ich hoffe, dass das Jahr 5777 mir ebenfalls viel glück bringen wird, und dass es vielleicht noch besser wird.

שנה טובה ומתוקה!




Mittwoch, 31. August 2016

Gedanken über den vergangenen Sommer

Der letzte Tag des Sommers....
Heute ist es der letzte Tag des Sommers...und dieser Sommer war einfach unglaublich. So viel ist passiert, vieles war unvorhersehbar, und ich habe ein neues Leben angefangen. 

Jedenfalls hat die Vorbereitung auf diesen Sommer im April angefangen, als ich erfuhr, dass ich im August mit meiner Konvertierung fertig werde. 

Den Ton für den Sommer kam allerdings schon im Mai - als meine Oma gestorben ist. Das kam sehr unerwartet, und als ich sie im März im Krankenhaus besuchte hatte ich wirklich nicht geglaubt, dass dies das letzte Mal sein würde. Ich hätte mir gewünscht, dass sie da gewesen währe als ich vor zwei Wochen aus der Mikwe kam. Und ich fasse noch immer nicht dass sie gegangen ist. 

Das war direkt am Anfang der Leseferien - und kurze Zeit später ist meine biologische polnische Oma gestorben. 

Zur selben Zeit begann auch die Sommerstimmung hier im Morbærhaven. Mehrere Grillparties wurden geschmissen, und die mehrere Leute waren draussen in den Gärten. 

Nach meiner letzten Prüfung bin ich Ende Juni für ein Paar Tage nach Flensburg gefahren um etwas zu entspannen, bevor ich nach Göteborg gefahren bin um beschnitten zu werden. 

Die Tage in Flensburg waren schön entspannend. Göteborg war auch schön, mal eine Abwechslung. 

Kurz darauf bin ich für 4 Wochen nach Israel gefahren. Das war fantastisch, und habe viele Orte besucht, wo ich vorher noch nie war. Wirklich fantastisch, ich hoffe ich komme schon wieder im Januar dorthin für 14 wie im letzten Januar. 

Mitsommer in Flensburg 
Die vier Wochen in Israel haben mir wieder bestätigt, dass ich mich am meisten lebendig fühle, wenn ich auf Reisen bin. Selbst für nur eine Woche - was mich auch immer wieder nach Flensburg zieht. 

Zurück in Dänemark bemerkte ich schon dass es kälter geworden ist, und es auch hier im Morbærhaven stiller geworden ist. Und dann ist einer meiner Onkel im zarten Alter von 48 Jahren verstorben - ich bin noch immer in Schock. 

Dann bin ich endlich Jude geworden. Das war ein wirklich schöner Moment, den ich nie vergessen werde, Und ich muss schon sagen, obwohl es nur zwei Wochen her ist, fühlt sich alles was davor geschehen ist wie eine weit entfernte Vergangenheit an. 

Und danach dann noch eine Woche in Berlin, um den Sommer so richtig perfekt zu machen.

Alles in allen war es - trotz der Tragödien - ein fantastischer Sommer, der mir immer in Erinnerung bleiben wird. 

Wer weis, was die Zukunft bringt? Und ist der Sommer nicht immer das, was ein Jahr an sich so aus macht? 

Mein erstes Mal in Deutschland als Jude

 Letzte Woche fuhr ich zum ersten Mal als Jude nach Deutschland. Ich fuhr mit dem Bus nach Berlin, der mit der Fähre nach Rostock fuhr. Als wir aber in Rostock ankamen zum Zwischenstop dort, sah ich zum ersten Mal in meinem Leben NPD-Wahlplakate. Das war sehr gruselig - dabei war ich schon tausend Mal in Rostock, und habe bisher noch nie NPD-Plakate gesehen.

Das ist nicht gerade das erste was man sehen will wenn man als Jude nach Deutschland einreist...

Die neue Fähre "Berlin" - echt eng und hässlich! 
Gratis Espresso
Ankunft in Warnemünde...
Später - nach einem langen Stau auf der Autobahn - konnte ich endlich Berlin geniessen. 

Kurz vor der Dämmerung im Prenzlauer Berg...
Mitten im Prenzlauer Berg...
S-Bahnhof Prenzlauer Allee
Zwei Wahrzeichen des Prenzlauer Bergs....
Tor zur Synagoge Rykestrasse 
No Comment. 
Der Fernsehturm....
Berliner Dom
Blick zur Neuen Synagoge
Selfie mit der Neuen Synagoge im Hintergrund
Ich freue mich immer bei dem Anblick....
<3
Es war schon ein seltsames Gefühl, zum ersten Mal als Jude vor der Neuen Synagoge zu stehen, nachdem ich das Museum der Synagoge die letzten Jahre immer wieder mit dem Wunsch betreten habe, da eines Tages als Jude einzutreten - was ich am Tag danach auch gemacht habe. Ich habe oft das Gefühl, dass wenn ich da vorbei gehe, dass ich die Orgelmusik hören kann, die damals vor der Kristallnacht da gespielt wurde, als Zeichen der von ihnen als solche betrachtete deutsch-jüdische Symbiose. 




Ich werde nie Müde davon, diese Synagoge zu photographieren. 





Die Dämmerung um der Neuen Synagoge
Die Topographie des Terrors 
Babelsberg 
Sony Center
Torah im Museum der Neuen Synagoge
"Die alte neue Welt" - Propagandafilm der DEFA von 1977 der den Sozialismus als endgültiges Kapitel der Menschheit zeigt
Hört sich gruselig an! 


Unter den Linden 

U-Bahn Märkisches Museum 
Hier und da fühlte ich mich sicher genug, dass ich meine Tzitzit (Schaufäden) rausnehmen konnte. Aber immer wenn ich in eine neue S-Bahn bestieg, habe ich sie aus Sicherheitsgründen wieder reingesteckt. Meine Jarmulke habe ich immer unter dem Hut versteckt - die Jarmulke an sich kann ich nicht einfach in die Tasche stecken, denn da ich mit Tzitzit gehe, würde ich mich inkomplett fühlen wenn ich sie abnehmen würde.

Café der orthodoxen Adass Jisroel Gemeinde
Am Ende der Woche bin ich zum Alten Jüdischen Friedhof gegangen - dies ist der älteste jüdische Friedhof Berlins, und wurde bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts benutzt. 

Denkmal 


Es war ein seltsames Gefühl, da zu gehen - ich hatte schon immer einmal vorgehabt, da mal zu gehen, aber hatte nie so richtig die Zeit dazu...




Grab von Moses Mendelssohn 
"Ehrengrab Land Berlin"
Hinterseite des Grabes 
Überlebt haben nur 16 Grabsteine die NS-Zeit. 

Einige der überlebenden Grabsteine 
Am selben Tag bin ich dann zum Kabbalat Schabbat in der Synagoge Rykestrasse gegangen. Bevor der Schabbat anfing, hatte ich noch die Gelegenheit, einige Photos zu machen vom Frauenbalkon aus:

Rosettenfenster 





Am Schabbatmorgen war mir beim G"ttesdienst fast zum heulen zu Mute, da ich schon immer mal einen G"ttesdienst in Berlin besuchen wollte. Ich war zwar in der selben Synagoge zum Kabbalat Schabbat im Dezember, aber dieses Mal war ich da als Jude! Das war unfassbar. 

Ich bin immer noch in einer so guten Laune dass ich einfach aufspringen möchte und der ganzen Welt verkünden möchte "ICH BIN JUDE!". 

Am Tag danach ging es dann zurück nach Dänemark. 

Tisch auf der Fähre. 
Mein nächstes Mal als Jude in Deutschland wird im Oktober sein, zu Simchat Torah in Flensburg. Ich bin jetzt schon aufgeregt! 

FILMKRITIK: The Devil & the Song (Südafrika 1989) (2/10)

Regie: Bromley Cawood  Produktion: P.G. du Plessis, Albie Venter, Frederik Botha Drehbuch: P.G. du Plessis Musik: Bles Bridges Darsteller: V...