Sonntag, 17. Februar 2019

5 Jahre nach einem Eintagestrip nach Næstved

Es nähert sich nun langsam ein 5 Jahresjubiläum eines Ausfluges nach Næstved, der irgendwie ganz anders als andere war.

Als ich noch auf Lolland wohnte, ging ich oft auf kleine Ausflüge nach Næstved um dort Sushi zu essen und etwas spazieren zu gehen, weit weg von Lolland.

Aber als sich der Februar 2014 dem Ende neigte, war es schon eine lange weile seitdem ich zu letzt in Næstved war - das war wohl noch 2013, und das war ein Zeitpunkt, wo ich einfach nur wollte dass dieses Jahr enden sollte.

Nun denn, Am Tag zuvor hatte ich einen Ausflug nach Kopenhagen mit meinem Vater, und am Tag darauf waren meine Eltern dann für die nächsten 14 Tage in die Türkei verreist. In den Tagen der ersten Hälfte von 2014 war ich oft in Kopenhagen. Ich gewöhnte mich schon da an den Gedanken, dort irgendwann im Sommer hinzuziehen.

Damals war da vor Tivoli noch eine riesige Baustelle - erst einige Monate nach meinem Umzug war es fertiggestellt. 

Als ich am Morgen des 20. Februar aufwachte, waren meine Eltern schon abgereist, und ich machte mir einen Tee, und schaute etwas Assi TV auf Sat1. Ich wusste schon da dass ich irgendwann an dem Tag nach Næstved verreisen würde.

Bester Tee. 
Als es ungefähr 11 oder 12 war, packte ich meinen Rucksack und fuhr mit der Mofa zum Bahnhof - in dem Augenblick fühlte ich mich sowas von frei. 

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass dieser Trip ganz anders sein würde als die anderen - und das war er letztendlich dann auch.

Das Buch, dass ich damals las. Gekauft hatte ich es in Wien 2013, und wurde erst 3 Jahre später fertig damit. 
In Næstved angekommen war ich irgendwie überwältigt von dem ganzen. Das Wetter war bewölkt, aber sonst sehr gut und trocken. Ich ging daraufhin nach Kvickly, kaufte da etwas ein, und ging dann in die Stadt. Da das Restaurant erst um 16 Uhr auf sein würde, musste ich irgendwie die Zeit totschlagen, und ging währenddessen in einem Wald und vertrieb mir dort etwas die Zeit, auch am (verlassenden) Campus der örtlichen Universität. 

Angekommen in Næstved....
Universität Næstved

 Ich konnte da spüren, dass der Winter nun bald endlich vorbei sein würde und genoss die Atmosphäre.

Hier noch einige Bilder vom Bach:


Was ich auch genoss war die Tatsache dass ich da endlich spüren konnte, dass es wärmer wurde, nach einen Winter der sich für mich wie eine unendliche Ewigkeit anfühlte, einer der schlimmsten meines Lebens - wenn nicht der schlimmste überhaupt.

Schon im Jahr zuvor hatte ich um dieselbe Zeit am selben Bach diese hier als Vorboten des Frühlings gesehen. 

 Als es dann Zeit zum Essen wurde, war es wohl eines der besten Mahlzeiten meines Lebens:


Dieser Tag fühlte sich wirklich nur gelungen an als ich wieder im Zug zurück nach Nykøbing sass. Ich glaube jetzt dass das, was diesen Tag für mich so besonders machte war die Tatsache dass ich mich zum ersten Mal nach sehr langer Zeit wieder etwas frei fühlte und dass die Vorboten des Frühlings mich daran erinnerten, dass bald endlich grosse Veränderungen in meinem Leben kommen würden.

Am darauffolgenden Tag fuhr ich in die Stadt, da ich später am Abend im lokalen Theater eine Aufführung vom Broadway Musical "Rent" sehen sollte, da ein Freund von mir da mitspielte. Davor aber hatte ich ein Abendessen im lokalen Chinesen, Hua Xin - das war wohl das letzte Mal dass ich da gegessen hatte.


 Ich trank daraufhin noch einen Tee im Theater bevor das Stück anfing.


Das Stück war ganz ehrlich gesagt....schrecklich. Die Protagonisten waren mir unsympathisch, das Schauspiel war ganz steif (nun soll man aber von einer Provinzbühne nicht sehr viel erwarten) und die ins dänische übertragenen Lieder des Stückes waren ebenfalls schrecklich, was nicht nur daran lag dass keiner der Darsteller überhaupt singen konnte.

In den darauffolgen Wochen und Monaten ging ich dann sogar häufiger ins Kino - etwas, was ich im Gymnasium nur sehr selten mit Freunden machte.

Ich gewöhnte mir da schon einige Sachen an, die ich dann fortsetzte nachdem ich nach Kopenhagen gezogen bin.

Eines der Gründe weshalb ich dieses hier jetzt niederschreibe liegt daran, weil dieses Jahrzehnt in zehn Monaten endet, und ich hier noch sehr vieles aufschreiben möchte was dieses Jahrzehnt für mich bedeutet hat. 

Sonntag, 3. Februar 2019

Reflektionen über die Zeit nach dem Anschlag im Februar 2015

Am Freitag war es die Jahrzeit von Dan Uzan z"l, dem Wachmann der Jüdischen Gemeinde, der in der Nacht vom 14. auf dem 15. Februar 2015 ermordet wurde.

Ich kannte Dan Uzan nicht sehr gut - ich hatte ihn nur einige Male gesehen, wenn er am Schabbat Wache vor der Synagoge hielt. Was ihn von den anderen Wachen der Gemeinde sehr unterschied, war seine Höhe. Es war sehr seltsam daran zu denken, ihn danach nicht mehr zu sehen - und schlimmer noch, der Gedanke an der Tatsache, dass er ermordet wurde.



Ich berichtete damals hier darüber.

Es sind nun 4 Jahre seitdem vergangen, und ich kann es ehrlich gesagt noch immer nicht ganz fassen, dass es tatsächlich passiert ist. Leider muss ich sagen, dass ich es irgendwie habe kommen sehen, aber dennoch....

In den 4 Jahren seitdem ist sehr viel passiert. Ich denke, jetzt ist die Zeit gekommen, darüber zu reflektieren.

Damals war ich noch inmitten meines Gijur-Prozesses.

Wie ich damals schon erzählte, war ich gerade vom Chabadhaus zurückgekommen, und hatte noch immer die schöne Rede von Hannah Bentow im Kopf, die sie zu ihrer Bat Mizwah hielt. Damals währe noch keiner auf die Idee gekommen, dass ihr Tag mehrere Stunden später ruiniert wird.

Das erste, was ich hörte, als ich zuhause war, war dass da ein Terroranschlag im Stadtteil Østerbro war. Es war im Kulturhaus Krudttønden ("Das Pulverfass"). Es war bei einer Veranstaltung über Meinungsfreiheit, geführt vom schwedischen Künstler Lars Vilks, der in der Vergangenheit Muhammed-Karikaturen gemacht hatte. Die Rednerin gerade wo der Anschlag passierte war die Ukrainische Femen-Aktivistin Inna Shevchenko, und es gab einen Toten - den dänischen Filmemacher Finn Nørgaard.

Ich war entsetzt - und mir überkam die Angst, dass das nächste Ziel wohl die Jüdische Gemeinde war, eine Angst, die mir besonders seit Charlie Hebdo und Hypercacher verfolgte. Ich muss hier auch sagen, dass ich im Nachhinein das Gefühl hatte, dass die Zeit zwischen den Anschlägen in Paris und in Kopenhagen eine Art "Overture" war.

Ich legte mich in der Nacht mehr oder weniger früh ins Bett mit einem sehr ängstlichen Gefühl. Früh, weil ich am Morgen eh früh hoch sollte wegen Konvertierungsunterricht im Gemeindezentrum, und weil mir schlecht war.

Ich wachte dann früh auf, und erfuhr so vom Anschlag. Ich wusste zu dem Zeitpunkt, dass der Unterricht definitiv ausgefallen war, aber dennoch bin ich dann in die Stadt gefahren - ich hatte das Bedürfnis, es zu sehen, um zu begreifen.

In der Stadt fiel mir dann diese Rose auf:


Das Bild werde ich wohl für immer mit diesen Tagen in Verbindung setzen.

Ich kam schließlich bei der Synagoge an, und alles war abgesperrt. Den Anblick werde ich nie vergessen. Es hilft auch nicht, dass gerade an dem Morgen ein kalter Nebel über Kopenhagen war. Der Morgeng-ttesdienst fiel in der Grossen Synagoge aus, und wurde stattdessen in der Kleinen Synagoge abgehalten. Einer aus der Gemeinde fuhr mich dahin - nach dem G-ttesdienst wurde uns von der Polizei gesagt, wir müssten in zwei verschiedenen Richtungen gehen. Aus Sicherheitsgründen.

Zu dem Zeitpunkt bemerkte ich auch die vielen Nachrichten auf meinen Handy, die nachfragten, wie es mir ging.

Um auf andere Gedanken zu kommen, ging ich ins Kino, und sah einen schlechten Film - dazu ein später separater Post.

Am nächsten Tag bin ich am Abend mit Freunden zur Gedenkversammlung (von "Feier" kann hier nicht die Rede sein) in der Grossen Synagoge.

Ausser am vergangenen Jom Kippur hatte ich die Synagoge nie so voll gesehen - und es wurden mehr und mehr. 
Nach der Versammlung gingen wir alle raus und gingen in Richtung Østerbro, um dort vor dem Krudttønden Reden und Lieder zu hören. Es war alles schon seltsam - man fühlte sich als Teil von etwas grossen.

Ich weis nicht warum - aber der Anblick der Kurdischen Flagge machte mich sehr glücklich. 



Ich erinnere mich auch, wie an dem Abend eine Sängerin "Imagine" sang. Es war sehr schön - aber im ganz ehrlich zu sein, wenn ich jetzt daran zurückdenke, wirkt es irgendwie falsch mit gerade dem Lied zu der Veranstaltung zu kommen.

Zwei Tage später kam ich dann zur Beerdigung von Dan Uzan. Es war nicht nur das erste Mal, dass ich auf dem Hauptfriedhof der Jüdischen Gemeinde kam, es war auch das erste Mal für mich auf einer jüdischen Bestattung. Den Friedhof betrat ich erst wieder drei Jahre später.






Es wurden sehr schöne Reden gehalten in der Trauerhalle - und ich musste einige Male weinen, obwohl ich mir selbst vorher sagte, nicht zu weinen. Später habe ich auch Erde in sein Grab geworfen.

Auf dem Weg zurück von der Beerdigung ist mir zudem folgendes aufgefallen - ich fühlte mich nun noch mehr als Teil der Gemeinde als zuvor.

Ich hatte allerdings noch eine andere Vorahnung, die sich nun bald bestätigen würde.

Kurz nach dem Anschlag gab es mehrere Solidaritätsbekundungen von der Regierung, mehreren Outlets der Medien, und von Bürgern. Die Flaggen waren alle auf Halbmast.

Ich wusste dass es nur eine Frage der Zeit war, bis diese Trauerzeit vorübergehen würde.

Und es fing so kurz nach der Beerdigung von Dan Uzan an.

Ich glaube es war eine Woche danach - da kam da ein Leserbrief in - wenn ich mich recht erinnere - Politiken, vom Antisemiten und Terrorsympatisant Niels Stockmarr, in der er sagte, dass "der Anschlag auf die Synagoge zeigt ja nun wirklich dass es Zeit für die Jüdische Gemeinde ist, sich endgültig von Israel zu distanzieren".

Das war mehr als nur widerlich und geschmacklos - und es zeigt auch, dass es den meisten hier egal ist, ob Leute antisemitisch sind oder nicht. Besonders nicht, wenn sie die richtige politische Einstellung haben, wie die Stockmarrs.

Diese Zeit hat mich für immer geprägt - und es hat mich auch für einige Dinge vorbereitet, die in den darauffolgenden Monaten passierten.

So waren wir im März auf dem Studientrip nach Israel - wo ich lernen musste, dass einige Leute einfach nur die Juden hassen, egal ob die in Israel waren oder nicht. Sie hassen uns einfach.

Ich war danach auch recht kritisch mit wem ich mich in der Freizeit traf - eine Skepsis, die ich noch heute habe.

Und ich muss leider sagen, dass sich die Situation hier in Dänemark einfach nicht gebessert hat - so wurde im darauffolgenden Jahr eine 16-Jährige Konvertitin zum Islam verhaftet, die einen Bombenanschlag auf die Jüdische Schule geplant hatte.

Nach dem Terroranschlag gibt es nun auch Rund um die Uhr Polizeischutz bei allen jüdischen Einrichtungen, und seit Jom Kippur 2017 gibt es zusätzlichen Schutz vom Militär.

Zudem werden einige antisemitische Vorfälle, die sich hier in Dänemark ereignen, von Jahr zu Jahr hässlicher, wie der Antisemitismusbericht der Gemeinde zeigt.

Die Situation hier wird nie wieder so werden wie vor dem Anschlag - und ich hoffe, dass es nicht zu schlimmeren Anschlägen auf die Gemeinde kommt. 

FILMKRITIK: The Devil & the Song (Südafrika 1989) (2/10)

Regie: Bromley Cawood  Produktion: P.G. du Plessis, Albie Venter, Frederik Botha Drehbuch: P.G. du Plessis Musik: Bles Bridges Darsteller: V...