Dienstag, 1. März 2022

FILMKRITIK: Khazanchi (Indien, 1941) (8/10)

 


Alternative Titel: खजान्ची, خزانچی 

Regie: Motti B. Gidwani 

Produktion: D. M. Pancholi

Drehbuch: D. M. Pancholi

Musik: Ghulam Haider 

Darsteller: M. Ismail, Manorama, Ramola Devi, S. D. Narang, Durga Mota, Nafees Begum, Ajmal, Kamla, Fazal Shah, Jankidas, Dev Dutt, Madan Puri, Pran, Munawar Sultana 

Handlung:

Der Kassierer Shadilal (M. Ismail) arbeitet an einer angesehenen Bank in Lahore, und hat ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern Kanwal (S. D. Narang), der Jura studiert, und seiner noch sehr jungen Tochter Asha (Manorama), die ab und zu im Radio singt. Nach einem Fahrradunfall verliebt sich Kanwal in die schöne Madhuri (Ramola Devi), die aus einer angesehenen Familie kommt - die weist ihn allerdings erstmal ab. Nachdem Kanwal allerdings Madhuris Vater (Durga Mota) vor einem Straßen Unfall rettet, kommen die beiden sich näher, und ihr Vater hat nichts dagegen, dass sie sich sehen. Madhuris Stiefmutter (Nafees Begum) dagegen will Madhuri lieber in einer wohlhabenderen Familie einheiraten. Eines Tages geht Shadilal auf eine Geschäftsreise nach Bombay, wo er Opfer einer Intrige wird - so wird in seinem Hotelzimmer eine Schauspielerin ermordet, und er wird deswegen des Mordes gesucht.

Review:

Zeit für die Fortsetzung meiner Reviews von indischen Filmen aus der Zeit vor der Teilung 1947 - letztens war es Pukar. "Khazanchi" ist ein Meilenstein des indischen Kinos, und das hat mehrere Gründe. Abgesehen davon, dass der Film eine der ersten grossen Filmproduktionen aus Lahore ist, ist es der erste Film, der Punjabi-Rhythmen in seiner Musik brauchte, dank des damaligen Newcomers, den Komponisten Ghulam Haider. Ghulam Haider war ein Genie innerhalb der Musik, und hat kurze Zeit danach auch Lata Mangeshkar entdeckt, und hat auch die legendäre Sängerin und Schauspielerin Noor Jehan betreut. Vor Ghulam Haiders Zeit waren die Soundtracks der meisten Hindi/Urdu Filmen eher von Ragas im bengalischen Stil geprägt, wie man es noch in Pukar hören kann. Nach der Teilung ging Haider wie viele seiner Kollegen nach Pakistan, auch, weil dort sein Geburtsort war. 

Als Lahore-Film ist der Film etwas besonders, wenn man die Teilung Indiens sechs Jahre später in Betracht zieht - auch weil die Familie um die es hier geht eine Hindufamilie ist, eine Minderheit in der damals auch mehrheitlich muslimischen Stadt. Und man merkt auch, dass es eine Lahore-Produktion ist, wegen den Darstellern - so waren M. Ismail, Durga Mota und Manorama alle in Lahore beschäftigt. Manorama, damals noch mit zarten 14-15 Jahren, bekam mit diesen Film ihren Durchbruch, und war als Schauspielerin sehr beliebt in den 40er Jahren. Geboren in Lahore in 1926 als Erin Isaac Daniels, Tochter eines angloindischen Vaters und eine irischen Mutter, begann als Kind ihre Karriere unter dem Namen "Baby Iris", bis sie als junger Teenager dann den Namen Manorama bekam. Sie spielte in Lahore sowohl in Hindi/Urdu Filmen als auch in Punjabi-Filmen mit, und sie lebte gut davon. Bei der Teilung Indiens 1947 floh sie als Christin nach Indien, wo sie kurz darauf ihre Karriere fortsetzte - allerdings im Schatten ihres alten Erfolges, da sie ab da nicht mehr an ihre alten Erfolge anknüpfen konnte. So hatte sie um die Zeit Erfolg in indischen Punjabi-Filmen, aber da das indische Punjabi-Kino damals nicht so gross war wie in Pakistan, blieb sie Anfang der 50er Jahre mit Nebenrollen beschäftigt. Als sie dann als Vamp zum ersten Mal eine Bösewichtin spielte, war es dann aus mit Hauptrollen an sich, und 1958 spielte sie - mit 32 Jahren - zum ersten Mal eine Mutterrolle, und war von da an abhängig von solchen Rollen. Das hieß allerdings nicht, dass sie als Charakterdarstellerin zurückhaltend war - so war sie oft als Komikerin zu sehen, und viele erinnern sich heute hauptsächlich an ihre witzige Rolle als tyrannische Tante im Film Seeta aur Geeta aus dem Jahre 1972. In den späteren Jahren ihrer Karriere war sie dann auch wieder oft in Punjabi-Filmen als Mutter zu sehen (mit anderen ehemalig grossen Stars aus ihrer Generation, wie Veena), als diese Filmindustrie auch in Indien erstmals Schwung erlebte. Ihren letzten Film hatte sie dann 2005 in Deepa Mehtas Meisterwerk Water, mit der sie dann wieder etwas Aufmerksamkeit bekam. 2008 starb sie im Alter von 82 Jahren, von ihrer Umwelt fast vergessen. 

Durga Mota, der in der Zeit oft Vaterrollen spielte, war sehr stark übergewichtig - und das wurde ihn 1947 zum Verhängnis, als er versuchte zu fliehen. So wurde er in einem Zug ermordet, bevor der Zug aus Lahore fahren konnte. M. Ismail verblieb in Lahore bei der Teilung, und spielte danach viele Charakterrollen in pakistanischen Filmen. 

Der Film an sich macht jedenfalls Spaß - der Film funktioniert sowohl als Komödie, Familiendrama als auch als Thriller. Der Soundtrack ist auch sehr gut, die meisten Lieder werden von Shamshad Begum gesungen. Aus dem Soundtrack stechen vor allem die Lieder Diwali Phir Aa Gayi Sajni, Ek Kali Nazon Ki Pali und Peene Ke Din Aaye Piye Jaa, das letztere wurde gesungen von Umrao Zia Begum, und für dieses Lied hatte die damals erst 13 jährige Munawar Sultana ihren ersten Filmauftritt. 

Zu den Darstellern an sich: M. Ismail ist sehr gut in der Titelrolle, und er hat gute Chemie mit Manorama und S. D. Narang als seine Kinder. S. D. Narang, der später eher als Regisseur und Produzent Karriere machte, ist auch sehr gut, und er hat auch eine gute Chemie mit Ramola Devi. Ramola Devi, gebürtig Rachel Cohen, war eine der mehreren weiblichen jüdischen Filmstars, in den Reihen von Sulochana (Ruby Myers), Sabita Devi, Rose und später Nadira (Florence Farhat Ezekiel). Sie kam aus Kalkutta, und hatte grossen Erfolg in den 40ern, brach ihre Karriere jedoch am Anfang der 50er Jahre ab, um sich um ihre Familie zu kümmern. Nur eines ihrer Kinder lebt noch in Indien, die zwei anderen leben in Israel und London. Ramola Devi wurde durch diesen Film noch beliebter, und sie war sehr gut als Schauspielerin, und die Kamera liebte sie ganz deutlich. Witzig ist, dass man am Anfang des Films sehen kann, wie sie eine Davidsstern Halskette trägt. Das Highlight des Films ist jedoch die schon vorher erwähnte Manorama - sie stiehlt jede Szene in der sie ist, und bringt eine so große Energie und Charisma mit sich. Und schon damals konnte sie sehr gut mit ihrer Mimik spielen, einer Mimik, mit der sie später gut als Komikerin durchkam. 

Alles in allen ist der Film ein Juwel aus den 40er Jahren, und ein Relikt einer längst vergangenen Zeit - und man kann spüren, was für ein Meilenstein dieser Film war. 

Screenshots: 

Donnerstag, 24. Februar 2022

Und nun ist Krieg....

Flucht aus Kiew

Ich bin Fassungslos. 

Und dennoch nicht überrascht. 

Nun hat Putin schon seit mehreren Monaten der Ukraine mit Krieg gedroht, und die Ukraine zeitgleich als Aggressor der ganzen Situation dargestellt, während die Situation im Osten der Ukraine immer mehr angespannt wurde. 

Aber blicken wir mal kurz zurück, zum späten Winter 2014. Ich erinnere mich, wie die Ukraine von heute auf morgen in die Nachrichten kam, als das ukrainische Volk sich auf dem Maidan in Kiew sich gegen den Despoten Janukowitsch wendete. Einige Tage vorher las ich entweder im Stern oder im Spiegel ein Interview mit der weißrussischen Schriftstellerin Swetlana Alexejewitsch, wo sie ihre Gedanken über die Post-Sowjetstaaten teilte, und damit rechnete, dass das ukrainische Volk nicht über Janukowitsch gewinnen würde. 

Dann aber geschah es - und Janukowitsch flüchtete nach Russland, in die helfenden Arme Putins. 

Nun konnten die Ukrainer einen Neuanfang machen - und dann marschierte Russland rein zur Krim. Und somit begann der eigentliche Krieg in der Ostukraine, und für ein Paar Jahre war der Konflikt dort in den Medien sehr präsent - aber nach ungefähr 2017 verblasste er auch da in den Medien, obwohl der Konflikt dort noch lange nicht zu ende war. 

Erst letzten Dezember kam die Ukraine wieder in die Medien, als Putins Säbelrasseln schlimmer wurde. 

Die ganze Rhetorik Putins um die Ukraine erinnert mich heute wie vor acht Jahren an das, was in den 30´er Jahren im Sudetenland geschah, alles nach dem Motto "Heim ins Reich Teil 2". 

Ich habe gesehen, wie einige Leute das ganze damit rechtfertigen, "die Ukraine war doch eh mal ein Teil von Russland!" - soll das heißen, dass die Mongolei dann zum Beispiel auch das Recht hat, wieder nach ihrem alten mittelalterlichen Großreich zu streben? 

Das macht keinen Sinn! 

Meine Gedanken sind bei den ordinären Menschen in der Ukraine. 

Möge bald wieder Frieden kommen. 


PS.

Putin sagt, er wolle die Ukraine "denazifizieren" - wie denn, wenn der Präsident der Ukraine selbst ein Jude ist? 

Sonntag, 20. Februar 2022

7 Jahre nach dem Terroranschlag

Letzten Montag und Dienstag sind es 7 Jahre her, dass die Terroranschläge passierten, wo der Regisseur Finn Nørgaard und der Wachmann Dan Uzan ermordet wurden. 

So wurden am Montag von der Finn Nørgaard Vereinigung Preise vergeben, und am Dienstag fand dann eine Gedenkzeremonie vor der Synagoge statt, wo der ehemalige Kirchenminister Bertel Haarder eine Rede hielt - wo er unter anderen ein falsches Jahr für den Tod von Karl Munk nannte. Sonnst war die Rede an sich gut. 

Gedenkzeremonie vor der Synagoge

Nach der Gedenkzeremonie musste ich allerdings nachdenken, an die Zeit damals, und an die Zeit danach. Und zudem ist seit letzter Woche eine weitere Veränderung gekommen - seit Montag steht das Militär nicht mehr vor den Synagogen, jetzt ist es nur noch die Polizei. Ich habe sehr gemischte Gefühle deswegen. 

Eines der Dinge über die ich denken musste ich daran denken, dass während der Gedenkzeremonie nicht viel über den noch immer wachsenden Antisemitismus gesprochen wurde, das wirkte etwas wie eine Art Missed Opportunity. 

Das andere über das ich denken musste, war an dem Tag nach den Anschlägen. Ich erinnere mich, wie ich mit Freunden an den Abend in die Synagoge ging, und kurz darauf gingen wir allesamt mit der Menschenmenge von Krystalgade hin nach Østerbro zu Krudttønden, wo in der Zwischenzeit Bühnen aufgebaut waren und Reden gehalten wurden und Lieder gesungen wurden. 




Mir ist dann aufgefallen, dass alle diese Gesten damals nichts anderes als performativ waren und eigentlich nichts bedeuteten. 

Es hat sich eigentlich nicht viel geändert in der Gesellschaft an sich, und viele Dänen haben inzwischen vergessen dass diese Terroranschläge, die zwei Menschenleben kosteten, überhaupt passiert sind. 

Ich lernte kurz danach auch, dass viele Nichtjuden Antisemitismus einfach nicht verstehen - soll heißen, die können nicht verstehen, was Antisemitismus so anders macht als andere Formen des Rassismus, und außerdem dass die meisten Antisemiten einfach Antisemiten bleiben. Sie ändern sich halt nicht. 

Nachruf für Lata Mangeshkar

 


Vor drei Wochen starb die legendäre indische Playbacksängerin Lata Mangeshkar im Alter von 92 Jahren, anscheinend an COVID-19, da sie einige Tage vorher damit ins Krankenhaus kam. 

Lata Mangeshkar war eine der erfolgreichsten Playbacksänger überhaupt, und galt als "Nachtigall Indiens", und hat Lieder für über tausend Filme gesungen, und war im Guinness-Buch der Rekorde für die meisten gesungenen Lieder, da sie zwischen 1948 und 1974 über 25.000 Lieder einspielte, in über 20 Sprachen, unter anderen Marathi (ihre Muttersprache), Hindi, Urdu, Punjabi, Tamil, Telugu, Bengali, Assamesisch, Gujarati und Nepali. Seit 2011 ist ihre jüngere Schwester Asha Bhosle im Buch der Rekorde. 

Meine erste Begegnung mit Lata Mangeshkar war bei meinem ersten indischen Film überhaupt, Veer Zaara, als dieser im November 2005 im deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurde. Dort sang sie alle die weiblichen Parts des Soundtracks. 

Sie wird der Welt sehr fehlen und die indische Filmindustrie hat einen riesen Stern verloren. 

Möge sie in Frieden ruhen. 

FILMKRITIK: The Devil & the Song (Südafrika 1989) (2/10)

Regie: Bromley Cawood  Produktion: P.G. du Plessis, Albie Venter, Frederik Botha Drehbuch: P.G. du Plessis Musik: Bles Bridges Darsteller: V...