Sonntag, 10. Oktober 2021

FILMKRITIK: Pukar (Indien, 1939) (7/10)

Alternative Titel: The Call, پکار, पुकार 

Regie: Sohrab Modi
Produktion: Sohrab Modi
Drehbuch: Kamal Amrohi, Vishnupanth Aundhkar, S. Ameer Hyder
Musik: S. Fernandes, Mir Saheb
Darsteller: Naseem Banu, Sohrab Modi, Chandramohan, Sheela, Sadiq Ali, Sardar Akhtar, Jillo, Maya Devi, Ghulam Hussein, Ram Apte, Kusum, Shakir

Handlung:
Indien im 17. Jahrhundert: Der Mogulkaiser Jahangir (Chandramohan) beherrscht sein Reich mit harter, aber gerechter Hand, im Geiste des Gedankens Auge um Auge, Zahn um Zahn. Will jemand sein Leid beklagen, muss der oder diejenige die Glocke am Eingang des Palastes läuten, um Gerechtigkeit zu erlangen. In Hintergrund dessen haben die zwei Rajputen Kanwar (Sheela) und Mangal Singh (Sadiq Ali) eine geheime Affäre hinter den Rücken ihrer rivalisierenden Väter. Als Kanwars Vater und Bruder von der Affäre erfahren, jagen sie Mangal hinterher, und Mangal erschlägt den Bruder im Gefecht. Kanwars Vater stirbt kurz nachdem er die Glocke läutete. Mangals Vater, Sangram Singh (Sohrab Modi) will, dass sein Sohn sich dem Gesetz stellt, allerdings verhilft ihn seine Mutter (Jillo) zur Flucht. Letztendlich wird Mangal verhaftet und zum Tode verurteilt, allerdings wird seine Hinrichtung verschoben wegen dem Ramadan. Währenddessen amüsiert sich die Kaiserin Noor Jahan (Naseem Banu) mit Pfeil und Bogen, und erschießt aus versehen einen Wäscher. Als dessen Witwe (Sardar Akhtar) nun mit Hilfe von Sardar Singh und Kanwar Gerechtigkeit verlangt, kommt es zu einem grossen Prozess. 

Review:
Eine sehr lange Zeit war es sehr, sehr schwierig, indische Filme aus den 30´er Jahren - und sogar dem Großteil der 40´er Jahre - zu sehen, da es diese Filme oft nicht auf DVD gab. Dann kommt auch noch die Tatsache, dass sich die indischen Produktionshäuser sich nach der Unabhängigkeit 1947 nicht sehr darum kümmerten, die alten Filme zu bewahren. So gilt der erste indische Tonfilm, Alam Ara aus dem Jahre 1931, seit den 60´er Jahren als verschollen, als das letzte bekannte Negativ des Films bei einem Nitratbrand in Pune zerstört wurde. Somit wurden auch viele der alten Stars in die Vergessenheit geschoben, selbst wenn viele dieser Stars zu dem Zeitpunkt schon als Mütter, Väter, oder andere Nebenrollen brillierten. Zu dem Zeitpunkt waren allerdings weibliche Stars wie Sulochana (Ruby Myers), Zubeida oder Savita Devi in Vergessenheit geraten, und dasselbe galt auch für die Stars, die 1947 nach Pakistan gingen, weil man diese dann mehr oder weniger totgeschwiegen hat, selbst den größten Star der 40´er Jahre, Noor Jehan, die in Pakistan zur "Malika-e-Tarannum" (Königin der Melodie) wurde. 

Allerdings haben einige Filme überlebt - unter anderen dieser hier, dank einer Übertraugung im britischen Fernsehen, die aufgenommen wurde und dann auf dem Youtube Kanal von tommydann55 hochgeladen wurde. Dieser Kanal hat es sich zur Aufgabe gemacht, alte indische und pakistanische Filme zu restaurieren (weil die offiziellen indischen Labels es nicht wirklich wollen) und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen damit diese nicht in Vergessenheit geraten. 

"Pukar" ist der erste indische Film aus den 30´ern, den ich gesehen habe. Dies hier ist die erste Review einer Reihe von Filmen aus der Zeit vor der Teilung, die ich hier besprechen möchte. Die anderen Filme sind - bis jetzt - Najma (1943) und Anmol Ghadi (1946), es werden noch andere kommen. 

Pukar ist zudem ein sehr essentieller Film aus den 30´ern, mit drei der größten Stars ihrer Zeit in den Hauptrollen - Naseem Banu, Sohrab Modi und Chandramohan. Chandramohan war ein sehr beliebter Charakterdarsteller, der ein sehr weites Spektrum an Rollen spielte. Er starb 1949 im Alter von nur 42 Jahren. Naseem Banu war eine der ersten Schönheitsköniginnen Bollywoods, und sie war die Muse von Sohrab Modi, der hier in diesen Film auch die Regie führte. 

Der Film ist auch eines der frühesten bekannten "Muslim socials", in Urdu-gedrehte Filme die in einem muslimischen Umfeld spielen. 

Der Film ist recht imposant, wenn man bedenkt in welcher Zeit er gedreht wurde. So gibt es auch einige Außenaufnahmen, von den Wäschern und einigen Prozessionen. Die Studioaufnahmen für die Szenen im Palast sind ein wahrer Augenschmaus, und es gibt den Szenen Am Hofe einen recht außer weltlichen Eindruck, etwas was dann 21 Jahre später für die Szenen in Mughal-e-Azam (1960) übertroffen wurde. Und es dauerte auch etwas über ein Jahr, um diesen Film zu drehen, und Naseem Banu musste auch lernen, ein Pferd zu reiten. 

Allerdings muss ich sagen, dass das einzige richtige Mankell des Films ist, dass der Film Zieht - so dauert es eine Weile, bis der eigentliche Plot des Films beginnt. Wenn der Plot an sich beginnt, zeigt es sich aber auch gut - der Konflikt wird von allen Seiten belichtet, und man sieht auch das Dilemma des strengen Kaisers, der letztendlich nur das beste für das Volk will und den Frieden erhalten will. Chandramohan spielt die Rolle des Kaisers Jahangir wirklich gut, und das theatralische in den Prozess-Szenen geben dramaturgisch Sinn, wenn man bedenkt, dass er den Respekt des Volkes behalten will. Sohrab Modi als Rajputenvater ist auch sehr gut wenn auch etwas zurückhaltender. Ein Highlight ist eine Szene zwischen den beiden in der Mitte des Filmes, in der ein verzweifelter Sangram Singh den Kaiser als Vater bittet, seinen Sohn zu begnadigen. Es verleiht den Film eine gewisse Tiefe, und zeigt auch, dass der Kaiser im Namen der Gerechtigkeit keinen Unterschied zwischen Adeligen und dem Volk macht. 

Dann ist da Naseem Banu. Sie spielt die Rolle der Kaiserin Noor Jahan so gut wie sie es kann, allerdings wirkt sie auch ein klein wenig zu jung für gerade diese Rolle. Aber sonnst macht sie es gut - und man kann merken, dass sie die Muse des Regisseurs ist. Die Kamera liebt sie, und sie ist sehr oft im Mittelpunkt des Bildes in den Szenen mit ihr. Sheela als Kanwar ist ganz gut, Sadiq Ali als Mangal bleibt allerdings etwas blass. Maya Devi als Zofe ist passabel, und Jillo sehr gut als Mangals Mutter. Das hier war wohl der Punkt, in der sie in Mutterrollen gedrängt wurde. Sardar Akhtar als Wäscherin ist eines der Highlights des Films. 

Alles in allem ist der Film ein faszinierendes Relikt aus einer vielen nicht bekannten Ära Bollywoods. 

Ich kann den Film jedenfalls weiterempfehlen. 

Screenshots:

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Zwei Male in Lyngby

Hier und da bin ich auf einigen Einrichtungen in Kopenhagen, um dort bei Prüfungen aufzupassen, dass die Schüler oder Studenten nicht schumm...