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Montag, 13. Februar 2023

FILMKRITIK: Fire (Kanada/Indien 1996) (8/10)

 


Alternative Titel: Fire - wenn Liebe Feuer fängt 

Regie: Deepa Mehta

Produktion: Bobby Bedi, Deepa Mehta

Drehbuch: Deepa Mehta

Musik: A. R. Rahman

Darsteller: Shabana Azmi, Nandita Das, Kulbhushan Kharbanda, Javed Jaffery, Ranjit Chowdhry, Kushal Rekhi, Alice Poon, Ram Gopal Bajaj, Avijit Dutt, Vinay Pathak

Handlung: 

Sita (Nandita Das) heiratet Jatin (Javed Jaffery) als Teil einer arrangierten Ehe, und nach den Flitterwochen zieht sie zu ihn nach Delhi, in die Wohnung seines älteren Bruders Ashok (Kulbhushan Kharbanda), der dort mit seiner Frau Radha (Shabana Azmi), seiner alten Mutter Biji (Kushal Rekhi) und deren Diener Mundu (Ranjit Chowdhry) lebt. Sita langweilt sich in ihrer Ehe, und Jatin hat eine Affäre mit einer jungen Chinesin, Julie (Alice Poon), die ihn allerdings nicht heiraten will. Radhas Ehe mit Ashok ist ebenfalls vom Unglück geplagt: da Radha keine Kinder bekommen kann, hat Ashok gewählt, in Enthaltsamkeit zu leben und geht zu einem Swami (Ram Gopal Bajaj). Im laufe der Zeit kommen sich Radha und Sita immer näher, und eines Abends kommt es zum Kuss. 

Review:

"Fire" ist ein wirklich heftiger Film, obwohl er auf dem ersten Blick sehr langsam ist. Es dauert so einige Minuten, bis man die Charaktere so richtig kennenlernt, doch schon in der zweiten Szene, am Taj Mahal, wird schon klargemacht, wie die Ehe von Sita und Jatin funktioniert, und dass er sich nicht für seine frischgebackene Ehefrau interessiert. Danach treffen wir Radha und Ashok, und den Rest des Haushalts, und die Dynamik dort. Und dann, wenn der Konflikt wirklich etabliert ist, kommen wir in das Territorium der verbotenen Liebe zwischen Radha und Sita, und es wird wirklich gewagt. 

Der Film kam ohne Probleme an den indischen Zensoren vorbei - aber das Volk nahm den Film nicht so gut an. So kam es zu Ausschreitungen von Hindu-Nationalisten, und viele Kinos zogen den in englischer Sprache gedrehten Film zurück. Es scheint allerdings dass es nicht die angedeuteten Sexszenen die Sache war, die soviel Kontroverse mit sich brachte, sondern eher er emanzipatorische Ton des Films, auch weil die Ehen der Hauptpersonen letztendlich in die Brüche gehen. Auch weil hier eine Frau "nein" sagt, und ihren Mann eine Ohrfeige zurückgibt, und sich letztendlich von ihrer kranken, undankbaren Schwiegermutter abwendet mit dem Gesichtsausdruck "genug". 

Interessant ist aber auch dass der Film selbst bei indischen Feministinnen und lesbischen Aktivisten nicht immer gut ankam - so fanden einige dass das Patriarchat im Film nur auf die Leugnung weiblicher Sexualität reduziert wäre. Andere sagten dass Homosexualität in Indien akzeptiert ist, so lange es nur im privaten ist, und dass Deepa Mehta Homosexuellen generell mit diesen Film geschadet hat. 

Nun denn, und jetzt komme ich mit meiner Meinung: "Fire" ist der erste Film von Deepa Mehta, denn ich vor 14 Jahren gesehen habe, als Teil von ihrer Trilogie der Elemente, dass dann 1998 mit 1947: Earth weiterging und dann 2005 mit Water ihren Abschluss fand. Ich finde dass der Film wirklich gut gelungen ist, und die Darsteller leisten allesamt eine gute Leistung, vor allem aber Shabana Azmi und Nandita Das. Shabana Azmi gilt als die Queen of Parallel Cinema, obwohl sie auch in Mainstreamfilmen in den 70´ern viel Erfolg hatte - dennoch lässt sich nicht verleugnen, dass sie vor allem durch Parallel Cinema Filmen wohl am meisten strahlt. Nandita Das, die auch eher durch Parallel Cinema und Independent Filmen (und das in mehreren Sprachen) brilliert, wurde durch diesen Film berühmt, und sie blieb dem Genre danach auch treu, und hat in den Jahren danach auch hinter der Kamera Erfolg gehabt. Kulbhushan Kharbanda ist auch sehr gut als Radhas feiger Ehemann, und Javed Jaffery und Ranjit Chowdhry bleiben auch gut in Erinnerung. 

Alles in allen ist der Film ein kleines Juwel und ein guter Einstieg für die Filme von Deepa Mehta. 

Screenshots: 

Montag, 25. Mai 2020

FILMKRITIK: Dil Se.. (Indien, 1998) (10/10)


Alternative Titel: Von ganzem Herzen, दिल से, ಪ್ರೇಮ ಥೋ, دل سے , உயிரே, Uyire, Prema Tho, Von Herzen (Übersetzung)

Regie: Mani Ratnam
Produktion: Mani Ratnam, Ram Gopal Varma, Shekhar Kapur
Drehbuch: Mani Ratnam, Tigmanshu Dhulia
Kamera: Santosh Sivan
Musik: A. R. Rahman
Darsteller: Shahrukh Khan, Manisha Koirala, Preity Zinta, Raghuvir Yadav, Arundhati Rao, Mita Vasisht, Zohra Sehgal, Gautam Bora, Aditya Srivastava, Sabyasachi Chakrabarty, Sanjay Mishra, Anupam Shyam, Krisnkant, Manjit Bawa, Vineeta Malik, Piyush Mishra, Gajraj Rao, Priya Parulekar, Malaika Arora, B. M. Shah, Tigmanshu Dhulia, Sameer Chanda, Shaad Ali, Pia Benegal, R. K. Naik, Alka, Suhail Nayyar, Lakshmi Rattan, Jessica, Ishita, Hemant Mishra

Handlung:
Der Journalist Amarkant Verma (Shahrukh Khan) reist im Auftrag von All India Radio in den von Unruhen geplagten nordöstlichen Staat Assam, um dort eine Reportage zum Auftakt des 50. Unabhängigkeitstages zu machen. Auf dem Weg dahin trifft er auf dem Bahnhof die Mysteriöse Meghna (Manisha Koirala), und verliebt sich sofort in sie. Als er sie in Assam wieder sieht, folgt er ihr nach, doch sie will nichts von ihn wissen - selbst als ihre vermeintlichen Brüder ihn verprügeln, will er sie nicht los lassen. Als er sie in Ladakh bei Kaschmir wieder findet, verbringen die einige Tage mit einander, doch dann lässt sie ihn nach einer Nacht unter offenen Himmel zurück. Zurück bei seiner Familie in Delhi stimmt er einer Verlobung mit Preethi Nair (Preity Zinta) zu, der er nach einiger Zeit näher kommt. Doch dann tauchen am Tag der Verlobung Meghna mit ihrer Freundin Mita (Mita Vasisht) auf, und fragen nach einer Arbeit und Unterkunft. Doch Amar ahnt nicht, dass die beiden einer Terrorgruppe angehören, die bei den Unabhängigkeitsfeierlichkeiten einen Anschlag planen.

Review:
Wow, wo fange ich hier an. "Dil Se" ist ein wahrhaftiges Meisterwerk, und eines der seltenen Fälle wo sich Parallel Cinema und kommerzielles Bollywood-Kino treffen, und die besten Elemente dieser beiden Genres vereinen. "Dil Se" markiert hier nicht nur Mani Ratnams erster Hindi-Film, sondern markiert auch das Ende seiner Trilogie über Gewalt und Fanatismus in Indien, die mit den Tamil-Filmen "Roja" (1992) und "Bombay" (1996) begann (beide Filme will ich noch dieses Jahr hier besprechen). Mani Ratnam machte von Dil Se auch eine Tamil-Fassung, genannt Uyire, in der Shahrukh Khans Dialoge von Arvind Swamy, der die männliche Hauptrolle in den ersten beiden Filmen spielte, synchronisiert.

Zuerst aber will ich meine eigene erste Begegnung mit dem Film besprechen - und das geht schon 14 Jahre zurück. Ich fühle mich irgendwie recht alt. Nun denn, ich erinnere mich wie ich den Film zum ersten Mal mit 12 Jahren in einer Schlaflosen Nacht im Dezember 2006 auf 3sat sah, in einem Sommerhaus in Schleswig Holstein. Ich hatte schon Monate vorher gelesen wie unglaublich deprimierend das Ende des Filmes sein sollte, jedoch wurde (zu recht!) nie direkt erwähnt, was genau passierte. Nun denn, ich sah mir den Film in der Nacht an, und war vom ersten Moment begeistert - und dann kam das Ende. Ich sass dann und lies die End Credits rollen, und nachdem diese fertig waren, ging ich zu Bett, und ich musste weinen. Hier muss ich auch sagen dass Dil Se einer der wenigen Filme ist, wo ich immer, wenn der Film an sich fertig ist, ich die gesamten End Credits durch sitze. So kräftig ist der Eindruck den der Film gibt, und die atemberaubende Musik von A. R. Rahman ist wohl eines der Gründe dafür.

Vor kurzen sah ich den Film wieder nach 10 Jahren, und ich muss sagen, dass der Film genau so fantastisch ist wie beim ersten Mal.

Shahrukh Khan spielt hier ganz gut - und das, obwohl er eigentlich nicht wirklich in einem Parallel Cinema Film reinpassen würde. Und dennoch...kann ich mir den Film ohne ihn nicht vorstellen. Er spielt die Rolle des Amar im Sinne eines hoffnungslosen Romantikers, der den Film hindurch die (laut klassischer arabischer Literatur) sieben Aspekte der Liebe hindurch lebt: 1. Anziehung, 2. Verliebtheit, 3. Liebe, 4. Ehrfurcht, 5. Anbetung, 6. Obsession und die 7....erwähne ich jetzt mal nicht, ich will nicht zu viel spoilern. Hier muss aber auch gesagt werden dass obwohl er die Rolle eines hoffnungslosen Romantikers spielt, so macht der Film es allerdings auch ganz klar, wie naiv er eigentlich ist - und dass seine Avancen gegenüber Meghna eigentlich vollkommen unpassend sind, um es mal milde auszudrücken. In einer Szene in Ladakh zwingt Amar Meghna zu einen Kuss, was bei Meghna dann ein Trauma auslöst. Hier muss allerdings auch gesagt werden, dass gesagte Szene auch schauspielerisch das beste aus Shahrukh Khan und Manisha Koirala raus bringt. An sich haben die Szenen die die beiden miteinander haben, etwas richtig intensives,  Manisha Koirala ist wohl das beste an dem Film. Sie spielt die Rolle der Meghna wirklich fantastisch, auf einer sehr mysteriösen und oft sehr zurückhaltenden Weise, und es ist sehr offensichtlich, dass die Kamera sie liebt. Und sie spielt hier so abseits von dem, wie man eine klassische weibliche Hauptrolle im Bollywoodmainstream der 90´er Jahre vorstellt, als würde es hier um ihr Leben gehen, und die Rolle der Meghna ist meiner Meinung nach auch ihre beste Rolle überhaupt. Die Blicke die sie in die Kamera wirft, zeigen so viel Verlangen, Schmerz, Hass und Sehnsucht, wie man es so selten sieht. Ihre Rolle ist auch sehr faszinierend - so fragt man sich in der zweiten Filmhälfte auch, ob sie sich wirklich in Amar verliebt hat, oder ob sie einfach nur Zweifel an den Sinn ihrer Mission bekommen hat. Ein weiteres schauspielerisches Juwel im Film ist hier Preity Zinta, die hier ihr Debut gab - sie spielt die Rolle der Preethi sehr natürlich und sympatisch, und man sieht schon hier das Talent dass sie später in Filmen wie Dil Chahta Hai, Koi Mil Gaya, Kal Ho Naa Ho, Veer Zaara oder Heaven on Earth zeigt. Ich hätte mir allerdings irgendwie mehr Szenen mit ihr gewünscht, vorallem ihre Chemie mit Manisha Koirala ist sehr gut, wie man in einer Szene sieht, in der sie über ihre Zweifel gegenüber ihrer Hochzeit mit Amar zum Ausdruck bringt.

Die Nebendarsteller sind auch allesamt überzeugend. Raghuvir Yadav als Amars Assistent und Dolmetscher Shukla ist sehr gut, wenn auch ein wenig unterfordert. Zohra Sehgal als Amars Grossmutter ist in den Szenen in der sie auftaucht einfach entzückend, und Arundhati Rao als Amars Vorgesetzte in Assam ist auch gut. Hier möchte ich auch gerne Mita Vasisht erwähnen, die Meghnas Kameradin spielt - sie spielt die Rolle der fanatischen Terroristin wirklich Angst einflößend, und hinterlässt einen sehr guten Eindruck.

Die Themen die Mani Ratnam hier aufgreift sind selbst heute noch sehr aktuell - so gibt es noch immer Terrorgruppen in Kaschmir und im Nordosten Indiens, die noch immer um die Unabhängigkeit kämpfen und nicht vor Attacken auf Zivilisten zurückschrecken. Und hier muss ich erwähnen, dass Ratnam die Terroristen allesamt als Menschen darstellt - das soll nun um G-ttes Willen nicht heißen, dass er die Terroranschläge gut heisst, nein, er zeigt dass die eigentlich eigentlich alle einen Grund haben, wütend auf die Zentralregierung zu haben, und verurteilt auch gleichzeitig die Kriegsverbrechen der indischen Armee in Kaschmir. Und diese Themen sind wohl auch die Gründe, weshalb der Film damals an den indischen Kinokassen floppte, während er in Übersee sehr erfolgreich wurde.

Der Soundtrack von A. R. Rahman ist meiner Meinung nach wohl der beste seiner Karriere, und auch eines meiner absoluten Lieblings Soundtracks. Und nicht nur die Songs sind fantastisch, auch der Background Score. Der Background Score verrät auch ganz zu Anfang, dass das hier ein sehr ernster Film ist, und bereitet einen vor auf das, was noch kommen wird. Sehr atmosphärisch ist vor allem die Sequenz gerade vor dem Song Satrangi Re, wo die Kamera von Santosh Sivan über die atemberaubende Landschaft Ladakhs fährt und durch die Ruinen des Basgo Klosters fährt, während im Hintergrund die Stimme von Kavita Krishnamurthy singt. Es ist irgendwie schwierig für mich zu sagen, welches der Lieder mein Favorit ist, denn ich liebe alle. Gehen wir nun aber mal die Songs der Reihe nach: das erste Lied "Chaiyya Chaiyya" ist wohl das berühmteste des Filmes - es zeigt wie Shahrukh Khan und Malaika Arora ohne Special Effects auf einem fahrenden Zug tanzen. Das Lied wurde auch danach in anderen Filmen im Hintergrund benutzt, und in einigen Musicals wurde es auch verwendet. Danach folgt "Dil Se Re", dass im Kontext hier eigentlich Amars Liebeserklärung an Meghna ist, und ist auch sehr stark bebildert von Szenen aus Kriegen, Konflikten, und den Trost der Liebe - eine Szene in der Sequenz wo Meghnas Armreif zerbricht kann man wohl als Foreshadowing verstehen. "Satrangi Re", das längste Lied, wurde wie vorhin erwähnt in Ladakh gedreht, und zeigt atemberaubende Bilder Ladakhs - und sehr erotische Symbolik. Hiernach folgt ein Lied das im Hintergrund spielt, "Ae Ajnabi" - sehr schön von Udit Narayan gesungen, spielt es im Radio nachdem Meghna Amars Stimme wiedererkannt hat und durch den Raum geht, das Radio ganz kurz ausmacht um es dann wieder anzumachen. Manisha Koiralas Darstellung in der Sequenz ist hervorragend. Und dann das letzte Lied, "Jiya Jale", dass auf einmal im Süden, in Kerala ist - wo Preity Zintas Rolle her kommt - und an sich wohl ein Big Lipped Alligator Moment ist. Aber sehr schön gesungen von Lata Mangeshkar, und voller erotischer Symbolik und fantastischen Landschaftsausnahmen aus Kerala.

Wie ich schon erwähnte, ist Santosh Sivans Kamera Arbeit perfekt. Jedes Bild sitzt, und die Landschaftsaufnahmen, egal ob in Assam, Ladakh, Bhutan (ja, einige Aufnahmen wurden extra da gemacht), Himachal Pradesh, Kerala, Tamil Nadu (wo die Chaiyya Chaiyya Sequenz gedreht wurde) oder die einfachen Innenaufnahmen des Verma-Hauses oder die Aufnahmen in Delhi sind allesamt wirklich fantastisch. Es zeigt, dass er was von seiner Arbeit weis, und vor allem die Sequenz in Jiya Jale scheint eine Vorahnung zu sein, was er dann drei Jahre später mit Ashoka machen wird.

Alles in allen ein wirklich fantastischer, und nahezu perfekter Film, denn ich wirklich jeden empfehlen kann.

Screenshots:

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