Sonntag, 29. Juni 2014

Reflektionen zu meiner Reise...

Vor der Chanukkiya am Brandenburger Tor, Channukkah 2013
In den letzten paar Tagen seit den letzten Shiur in Kopenhagen und jetzt kurz vor meiner zweiten Israelreise musste ich oft an folgendes denken: was währe, wenn ich meine jüdischen Ahnen nicht entdeckt hätte? Was währe ich jetzt? Hätte ich es irgendwann doch noch entdeckt? Was war der totale Auslöser bei mir?

Ich wusste schon als ich konfirmiert wurde, dass ich später eines Tages Religion wechseln würde - entweder zum Buddhismus oder zum Baha´ismus. Aber dennoch...habe ich nie antworten bekommen. Ich habe zwar immer am G-tt geglaubt und war abergläubisch, und dennoch habe ich gesucht und gesucht. Ich kannte zwar schon Teile der Geschichte des Jüdischen Volkes, der Shoah, die Religion, und sogar über Israel - und aus irgendeinen Grund war ich schon davor eher Positiv, wenn ich das Wort Israel hörte. 

Ich glaube, der entscheidende Augenblick für mich war, als ich das Lied "Shabat haMalka" von Ofra Haza hörte. Als ich das Lied hörte, war ich nicht nur von der umwerfenden Stimme der noch extrem jungen Ofra Haza begeistert - als ich es hörte, war mir, als würde was in mir erwachen. Die Töne hörte ich zum ersten Mal - und dennoch war mir so, als ob sie mir extrem vertraut waren. 

Zur gleichen Zeit lasen wir auch in der Schule im Religionsunterricht über das Judentum - und wenn ich jetzt zurückdenke, ist mir klar, dass uns das Bild das und da vom Judentum vermittelt wurde ein eher oberflächliches. Als wir nämlich von den 10 Geboten sprachen, hat unser Lehrer die Weisheit "du sollst nicht töten" mit der Situation im Gaza-Streifen verglichen, und irgendwie war unser Lehrer beim Judentum mehr gelangweilt als beim Christentum oder dem Islam. 

Mit 16 (zu dem Zeitpunkt hatte ich mir schon das lesen des hebräischen Alphabets beigebracht) suchte ich im Internet nach meinem Nachnamen "Kelmer" oder "Kellmer", und mir viel auf, dass die vielen Resultate oftmals Juden waren - so war da unter anderem auch der ehemalige Knesset-Politiker Mosche Kelmer, der in Polen geboren war. Und in Polen hat meine Familie auch ihre Wurzeln, bevor diese sich in Königsberg in Ostpreußen niederließen. Letztes Jahr hat ein DNA-Test jedenfalls bestätigt, dass wir jüdische vorfahren haben. 

Inzwischen frage ich mich, ob mein Vorfahr sich noch in Polen assimilierte, oder es erst in Königsberg gemacht hat. Mein Opa (z"l) wusste nichts von unseren jüdischen Ahnen - vielleicht haben es seine Eltern auch verschwiegen, da dies eine sehr schlimme Zeit war, Jude zu sein - oder nur ein Drittel. 

Mein Vater, und zwei meiner Onkel, gingen in ihrer Jugend mit Davidssternen. Mein Vater hatte sogar eine Tätowierung, die er aber später übermalen lies. Eine Bekannte von mir in Jerusalem sagte mir, dass die jüdische Seele schon damals versuchte rauszukommen. 

Anscheinend bin ich jetzt derjenige, der es nun vollenden wird. 

Ich kann mir jedenfalls ein Leben für mich ohne Judentum nicht mehr vorstellen - für mich gibt es kein Weg mehr zurück.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Zwei Male in Lyngby

Hier und da bin ich auf einigen Einrichtungen in Kopenhagen, um dort bei Prüfungen aufzupassen, dass die Schüler oder Studenten nicht schumm...