Dienstag, 8. April 2025

Ein Lebewohl an einen geliebten Kater

 

Misiu ז"ל

Es war Anfang August 2014. Ich war gerade mal zwei Tage zuvor aus Israel zurückgekehrt, und meine Eltern und ich waren nach Albertslund gefahren, um meine erste Studentenwohnung zu besichtigen. Es lag in Morbærhaven, eine Studentensiedlung (ich würde nicht Wohnheim sagen, da die Wohnungen in verschiedenen Gebäuden waren) der am Rande eines kleinen Waldes liegt. Ich war ziemlich aufgeregt, da ich die Wohnung während des Urlaubs in Israel bekommen hatte, und ich hatte gerade zwei Tage zuvor erfahren, dass ich zum Hebräischstudium an der Universität zugelassen war. 

Wir schauten uns also die Wohnung an, und kurz darauf waren wir im Büro der Siedlung, wo ich den Mietvertrag unterschrieb. Gerade in dem Moment kam ein Maine Coon Kater hinein, der dann direkt zum Tresen hinlief und sich sofort auf den Rücken legte, um auf dem Bauch gestreichelt zu werden. 

Einige Wochen später zog ich also dahin. 

Das war Liebe auf dem ersten Blick. 

Das war Misiu, das Maskottchen von Morbærhaven, und das war die ganz offizielle Begrüßung. 

Ich hatte im Laufe der sechs Jahre, wo ich in Morbærhaven wohnte, so viele Begegnungen mit dem kleinen Stubentieger, und es war immer so schön ihn zu sehen. Vor allem wenn ich mit dem Wäschekorb zum Waschzentrum musste, war es immer schön, eine kleine Weile zu stoppen, um ihn zu streicheln. 

Auch als ich Ende 2020 nach Bispebjerg zog, verfolgte ich in der für ihn kreierten Facebookgruppe, wie es um ihn geht. 

Letzte Woche wurde jedoch gesagt, dass er nun, wegen seines fortgeschrittenen Alters nicht mehr essen kann, eingeschläfert werden muss - dass sollte jetzt diesen kommenden Freitag sein. 

Allerdings hatte er letzte Nacht eine Blutung im Hirn, und musste dann schon diesen Morgen eingeschläfert werden. 

Misiu, ich werde dich nie vergessen. 

Du warst ein so guter Kater, ein gutes Maskottchen für Morbærhaven, und der wahrhaftige König. 

Montag, 7. April 2025

FILMKRITIK: Seong Chunhyang (Südkorea 1961) (5/10)

 

Alternative Titel: 성춘향

Regie: Shin Sang-ok, Jang Il-ho 

Produktion: Shin Sang-ok

Drehbuch: Lee Hee-jae

Musik: Jeong Yun-ju

Darsteller: Choi Eun-hee, Kim Jin-kyu, Heo Jang-kang, Do Kum-bong, Lee Ye-chun, Han Eun-jin, Seo Wol-young, Lim Ye-shim, Choi Sam, Park Ahm, Yang Seok-chun, Yang Hoon, Ku Bong-seo, Kim Hee-gab, Choi Geol, Seok Woon-ah 

Handlung:

Am Tag des Dano-Festes verliebt sich der Gouverneurssohn Mongryong (Kim Jin-kyu) sich in die schöne Chunhyang (Choi Eun-hee), die allerdings die Tochter einer ehemaligen Kurtisane, Wolmae (Han Eun-jin), ist. In derselben Nacht begeben sich Mongryong und sein Page Bangja (Heo Jang-kang) sich zum Hause Wolmaes, wo Mongryong dann sofort um Chunhyangs Hand bittet und sie heiratet. Einige Wochen später wird Mongryongs Vater jedoch wieder zurück nach Seoul gerufen, und er ist gezwungen, Chunhyang im Dorf zurückzulassen. Der neue Gouverneur Byeon Hakdo (Lee Ye-chun) ist allerdings ein Tyrann, der nicht nur die Steuern erhöht und Unschuldige ins Gefängnis schickt, sondern auch ein Auge auf Chunhyang geworfen hat. Als sie seine Avancen ablehnt, schmeißt er sie ins Gefängnis. 

Review:

Die Geschichte der Chunhyang ist eines der berühmtesten literarischen Werke Koreas, und es ist unzählige Male verfilmt worden - sowohl im Norden als auch im Süden. Der erste koreanische Film, erstanden zur Zeit der japanischen Besatzungszeit, war ebenfalls eine Adaption der Geschichte. Die Geschichte ist zudem auch eine Parabel der konfuzianischen Philosophie der Filialen Pietät, gesehen in Chunhyangs Hingabe an Mongryong und an ihrer Mutter, sowie Bangjas Hingabe an Mongryong, und natürlich Mongryongs Hingabe and Chunhyang. Als Gegenelement sieht man dann den korrupten Gouverneur der durch seiner Korruption und Wollust die Harmonie und Ordnung im Dorf zerstört. Es ist also nicht nur eine Liebesgeschichte im klassischen Sinne. 

Der Film hier stammt aus dem Goldenen Zeitalter des südkoreanischen Kinos, und auch aus dem Goldenen Zeitalter des Regisseurs Shin Sang-ok (1926-2006) und seiner Frau und Muse Choi Eun-hee (1928-2018). Wie wohl die allermeisten außerhalb der koreanischen Halbinsel war Pulgasari der erste Film von denen die ich gesehen habe, aus der Zeit, in der die beiden unfreiwillig in Nordkorea lebten, nachdem Kim Jong-il sie 1978 in Hongkong entführen lies. Inzwischen kann ich sagen, dass Pulgasari in der Filmografie der beiden irgendwie total fehl am Platz aussieht, und das sowohl von ihren Filmen im Süden wie auch später im Norden. 

Und ja, deren Entführung 1978 ist in gerade diesen Falle sehr relevant, denn sowohl Shin Sang-ok als auch Choi Eun-hee selbst waren nicht wirklich von diesen Film überzeugt, oder zufrieden. Und man merkt auch warum - denn das Storytelling wirkt recht steril, und das Schauspiel - und das insbesondere von den Protagonisten Choi Eun-hee und Kim Jin-kyu - ist oft nicht wirklich überzeugend. Choi Eun-hee wirkt erst in der zweiten Hälfte überzeugender, aber selbst ihr Monolog im Gefängnis in der Nacht vor ihrer anstehenden Hinrichtung wirkt etwas zu theatralisch. Und Kim Jin-kyu wirkt mit fast 40 Jahren wirklich zu Alt für diese Rolle des jungen Mongryong. Und sowohl Choi Eun-hee als auch Kim Jin-kyu können schauspielern, wie man aus anderen Filmen weis. Bei Kim Jin-kyu fiel mir den einen Tag auf, dass ich ihn aus dem Thriller "The Housemaid" kenne, wo er den Familienvater spielte - und das sehr überzeugend. Und gerade weil er im Vorjahr den Familienvater spielte, kann ich ihn als Mongryong nicht ernst nehmen. 

Die anderen Schauspieler in den bedeutenden Nebenrollen sind da etwas besser - so bringt Heo Jang-kang etwas frische hinein als Bangja, und dasselbe gilt für Do Kum-bong als Hyangdan. Han Eun-jin als Chunhyangs Mutter Wolmae ist auch sehr gut, und dasselbe gilt für Lee Ye-chun als Hakdo - wobei ich sagen muss, dass mir einige spätere Interpretationen derselben Rolle besser gefallen. 

Und nun kehren wir zurück zu Shin & Chois Zeit in Nordkorea - denn unter den Filmen, die sie da Mitte der 80er Jahre gedreht haben, war ein Remake des Films, eine Musicaladaption namens "Love, Love, My Love" (사랑사랑내사랑) aus dem Jahre 1984. Und tatsächlich ist das nordkoreanische Remake um weiten besser als diese Version von 1961 - meiner Meinung nach ist "Love, Love, My Love" die wohl beste Verfilmung und Umsetzung der Geschichte der Chunhyang. Kim Jong-il gab ihnen nämlich die gesamte künstlerische Freiheit bei dem Film, und das kann man nicht von der Produktion des Originals sagen. 

Denn der Film wurde in einer Zeit in Südkorea gedreht, in der die Zensur anfing, mehr und mehr durchzugreifen. Zwar war es nicht so schlimm wie später im selben Jahrzehnt, aber man merkt irgendwie schon, dass der Film irgendwie zu konservativ und zu eingeengt wirkt. Das ist der eine Faktor - der zweite Faktor war, dass Shin Sang-ok den Film in Konkurrenz gegen einer gleichzeitigen Verfilmung derselben Geschichte vom Regisseur Hong Seong-ki, und beide Filmen hatten anscheinend sogar am selben Tag Premiere - und da Shin Sang-ok samt seiner Muse und Ehefrau Choi Eun-hee weitaus am beliebtesten waren, wurde der Film der große Hit. Ich wage sogar zu sagen, dass die wohl erwarteten, dass der Film eh ein Hit werden würde, und deswegen wurde beim Schauspiel der Hautdarsteller Choi und Kim nicht viel gemacht. Letztendlich endete es ja dann damit, dass sowohl Shin und Choi nicht mit diesen Film zufrieden waren, und dies war dann auch eines der Gründe, weswegen sie ihn dann Jahre später bei ihrer unfreiwilligen Zeit in Nordkorea neu verfilmten. 

Ich muss hier auch sagen dass die Rolle der Chunhyang hier eher wie ein Symbol der konfuzianischen Tugend als eine echte Frau mit Tatkraft und Leidenschaft - und das ist gerade das Gegenteil, was Chunhyang im nordkoreanischen Remake von 1984 ist. Hier hatten Shin und Choi die ehemalige Koryo Air Stewardess Jang Sun-hee (die später auch die Hauptrolle in Pulgasari spielte) für die Rolle der Chunhyang gecastet, nachdem sie diese im Vorjahr am Flughafen von Pjöngjang entdeckten. Dies war damals ein kleiner Skandal, da Jang Sun-hee nicht den nordkoreanischen Schönheitsideal entsprach - dennoch wurde der Film ein großer Hit, und sie selbst wurde eine Sensation damals. Ich werde das Remake von 1984 in naher Zukunft auch besprechen, obwohl es den Film bis jetzt leider nur ohne Untertitel gibt, und die Version die überall auf Youtube hochgeladen die Version ist, in der nach Shin und Chois Flucht in den Westen 1986 ihre Namen im Vor-und Nachspann entfernt wurden. 

Und ich muss sagen, dass selbst die nordkoreanische Verfilmung von 1980, The Tale of Chunhyang, auch besser ist als diese Version - und das, obwohl die Verfilmung auch grossen Wert auf die konfuzianischen Tugenden legte als auf der Liebesgeschichte. 

Aber naja. 

Es war faszinierend einen Film von Shin Sang-ok und Choi Eun-hee als deren Karriere auf dem Höhepunkt war. 

Screenshots:









































Donnerstag, 27. März 2025

Schick mich in die Wüste...

 

Auf dem Weg nach Eilat im Frühling 2022


Ich habe ja schon mehrfach erwähnt, dass ich im kommenden Sommer einen ganzen Monat nach Israel reisen MUSS, und eines der Orte wo ich wieder unbedingt hin muss ist Eilat. Schon alleine die Reise mit dem Bus durch die Negev ist schon ein Erlebnis an sich, und mein erstes Mal im legendären Sommer 2014 werde ich auch nie vergessen, auch wenn das nur eine Tagesreise war. 

Eines von zwei erhaltenen Bildern von der Tagesreise im Juli 2014

Das, was ich an dem Tag fühlte, war irgendwie das ultimative Reiseerlebnis. Auch wegen den verschiedenen Menschen im Bus, und wie die Reise zeigte, wie vielfältig die Wüste Negev tatsächlich ist. 

Erst 2022 kam ich wieder nach Eilat, diesmal für drei Nächte. 

Am Kanal in Eilat am frühen Abend, Frühling 2022

Aber es war wirklich so der Sommer 2014 an sich, wo ich zu einer Wüstenperson wurde. Und die Busfahrt hat dieses Gefühl nur gestärkt. 

So muss ich auch sagen, dass man in Eilat irgendwie das Gefühl hat, am Ende der Welt zu sein. 

Sonnenaufgang vom Hotelbalkon aus gesehen 

Sonnenuntergang am Strand am selben Tag 

Auch mein erster Besuch in Ein Bokek am Toten Meer hat dies bestätigt. 

Aussichten aus dem Fenster meines Stammhotels in Ein Bokek



Was jetzt aber sowohl Ein Bokek als Eilat angeht, so hat man in beiden Orten dieses Gefühl des "Escapism", Flucht aus dem Alltag. Es gibt in Ein Bokek an sich nicht vieles zu sehen, aber dennoch ist es ein so entspannender Ort den man einfach gesehen und erlebt haben muss. Zudem, als einer mit Psoriasis am linken Fuß, ist es gut für mich im Toten Meer zu schwimmen. 

Zudem, als ich vor zwei Jahren endlich wieder durch den Ein Gedi Nationalpark wanderte, fühlte ich mich zum ersten Mal seit 2019 wirklich wieder am Leben. 

Am kleinen Wasserfall in Ein Gedi 
Sowas will ich wieder erleben. 

Ich will mich wiederfinden, in der Wüste, fernab der Zivilisation. 

Die Wüste Negev im Januar 2019, auf dem Weg nach Ein Bokek

Ein Lebewohl an einen geliebten Kater

  Misiu ז"ל Es war Anfang August 2014. Ich war gerade mal zwei Tage zuvor aus Israel zurückgekehrt, und meine Eltern und ich waren nach...