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Sonntag, 2. Oktober 2016

Gedanken zum jüdischen Jahreswechsel 5776/5777

Ich bin nun seit zwei Monaten Jude. Und ich bereue nichts.

Letztes Jahr zu diesen Zeitpunkt hatte ich überhaupt keine Ahnung, was das Jahr 5776 mir bringen würde. Ich musste 5775 vieles durchmachen, der Tod meiner Grossmutter war sehr prägend. Dieses Jahr sind noch mehr verstorben. Man kann dagegen nichts machen.

5775 fing ich nach dem Tod meiner Grossmutter an, die Brachot zu sagen, wenn ich etwas esse oder trinke. Im Dezember hörte ich dann damit auf, nicht-koscheres Fleisch in meine Küche zu bringen - irgendwann musste ich eh damit anfangen!

Im Januar, am Neujahstag sogar, realisierte ich dann Schritt für Schritt, dass ich müde bin vom Gojisch sein - besonders als ich im selben Monat in Israel war. Im darauf folgenden Frühling erfuhr ich dann, dass ich bereit bin für den Beit Din.

Daraufhin hatte ich im Sommer dann meine Brit Milah, und fuhr kurz darauf für den ganzen Juli nach Israel.

Zurück in Kopenhagen wurde ich dann endlich Jude.

Ich fasse es noch immer nicht. Und ich hoffe, dass das Jahr 5777 mir ebenfalls viel glück bringen wird, und dass es vielleicht noch besser wird.

שנה טובה ומתוקה!




Sonntag, 26. Juli 2015

Kleiner Einblick in das alte Leben der Neuen Synagoge in der Oranienburgerstrasse

Mein Lieblingsort in Berlin - immer wenn ich die Kuppel von weitem sehe, kann ich nicht aufhören sie anzustarren. 

Bei meinem letzten Besuch in Berlin war ich wiedereinmal in der Neuen Synagoge / Centrum Judaicum in der Oranienburgerstrasse, die einst die schönste Synagoge Deutschlands war.

Hier einige Eindrücke:

Vor dem Eingang
Ich bekomme immer Gänsehaut wenn ich an dem Ort vorbeigehe - und wenn ich die Kuppel von weitem sehe, kann ich nicht aufhören sie anzustarren.

Die Fenster, Innenansicht. Wenn ich sie mir anschaue, fühle ich mich wie in Israel. 
Eines der Fenster mit dem Rest der kolorierten Mosaike. Ehrlich gesagt verstehe ich nicht, weshalb die Fenster so nachgemacht wurden wie die Synagoge damals gebaut wurde. 
Siddur / Gebetbuch für die Neue Synagoge, 1881. Ein Geschenk eines Grossvaters an seiner Enkelin, Hertha. Ich frage mich, ob sie den Holocaust später überlebte. 
Seiten aus dem Abschnitt für den Morgeng-ttesdienst für die Feiertage. Bemerke dass vieles in deutsch steht, da nach dem liberalen Ritus auch auf deutsch gesungen wurde. 
"Tzur Erinerung an zein Amtsjubiläum als Forschteher der Gemeinde, Januar 1895"
Mezuzah
Die Torah 
Gemälde im Ausstellungsraum. 
Wie der große Saal aussah vor der Kristallnacht
Was von der Bima übrig geblieben ist. 
Hier einige Zeichnungen aus der Vorzeit:
Farbige Zeichnung vom Plan der Inneneinsicht
Bauplan der Innenansicht - bemerke die vielen Details der Mosaiks....
So prächtig sah es aus.
Als ich dieses Mal da war, und wie vor 2 Jahren über den Wiederaufbau gelesen habe, konnte ich nicht aufhören an dieses zu denken:

Wieso haben die nur einen Teil der Synagoge aufgebaut, und nicht den ganzen Saal? Ich schätze sehr dass es das Centrum Judaicum gibt um über das jüdische Leben in der Strasse zu erinnern, aber wenn die Synagoge aufbauen, warum dann nicht ganz? 

Wenn ich da gehe, werde ich daran erinnert dass Berlin damals die grösste Gemeinde hatte, gefolgt von Breslau und Königsberg. 

Ja, die Berliner Gemeinde von heute ist zwar auch gross, aber nicht so gross wie damals. 

Das jüdische Leben in Deutschland wird nie so sein wie vor 1933. Nie.

Sonntag, 29. Juni 2014

Reflektionen zu meiner Reise...

Vor der Chanukkiya am Brandenburger Tor, Channukkah 2013
In den letzten paar Tagen seit den letzten Shiur in Kopenhagen und jetzt kurz vor meiner zweiten Israelreise musste ich oft an folgendes denken: was währe, wenn ich meine jüdischen Ahnen nicht entdeckt hätte? Was währe ich jetzt? Hätte ich es irgendwann doch noch entdeckt? Was war der totale Auslöser bei mir?

Ich wusste schon als ich konfirmiert wurde, dass ich später eines Tages Religion wechseln würde - entweder zum Buddhismus oder zum Baha´ismus. Aber dennoch...habe ich nie antworten bekommen. Ich habe zwar immer am G-tt geglaubt und war abergläubisch, und dennoch habe ich gesucht und gesucht. Ich kannte zwar schon Teile der Geschichte des Jüdischen Volkes, der Shoah, die Religion, und sogar über Israel - und aus irgendeinen Grund war ich schon davor eher Positiv, wenn ich das Wort Israel hörte. 

Ich glaube, der entscheidende Augenblick für mich war, als ich das Lied "Shabat haMalka" von Ofra Haza hörte. Als ich das Lied hörte, war ich nicht nur von der umwerfenden Stimme der noch extrem jungen Ofra Haza begeistert - als ich es hörte, war mir, als würde was in mir erwachen. Die Töne hörte ich zum ersten Mal - und dennoch war mir so, als ob sie mir extrem vertraut waren. 

Zur gleichen Zeit lasen wir auch in der Schule im Religionsunterricht über das Judentum - und wenn ich jetzt zurückdenke, ist mir klar, dass uns das Bild das und da vom Judentum vermittelt wurde ein eher oberflächliches. Als wir nämlich von den 10 Geboten sprachen, hat unser Lehrer die Weisheit "du sollst nicht töten" mit der Situation im Gaza-Streifen verglichen, und irgendwie war unser Lehrer beim Judentum mehr gelangweilt als beim Christentum oder dem Islam. 

Mit 16 (zu dem Zeitpunkt hatte ich mir schon das lesen des hebräischen Alphabets beigebracht) suchte ich im Internet nach meinem Nachnamen "Kelmer" oder "Kellmer", und mir viel auf, dass die vielen Resultate oftmals Juden waren - so war da unter anderem auch der ehemalige Knesset-Politiker Mosche Kelmer, der in Polen geboren war. Und in Polen hat meine Familie auch ihre Wurzeln, bevor diese sich in Königsberg in Ostpreußen niederließen. Letztes Jahr hat ein DNA-Test jedenfalls bestätigt, dass wir jüdische vorfahren haben. 

Inzwischen frage ich mich, ob mein Vorfahr sich noch in Polen assimilierte, oder es erst in Königsberg gemacht hat. Mein Opa (z"l) wusste nichts von unseren jüdischen Ahnen - vielleicht haben es seine Eltern auch verschwiegen, da dies eine sehr schlimme Zeit war, Jude zu sein - oder nur ein Drittel. 

Mein Vater, und zwei meiner Onkel, gingen in ihrer Jugend mit Davidssternen. Mein Vater hatte sogar eine Tätowierung, die er aber später übermalen lies. Eine Bekannte von mir in Jerusalem sagte mir, dass die jüdische Seele schon damals versuchte rauszukommen. 

Anscheinend bin ich jetzt derjenige, der es nun vollenden wird. 

Ich kann mir jedenfalls ein Leben für mich ohne Judentum nicht mehr vorstellen - für mich gibt es kein Weg mehr zurück.

Der Frühling wird wärmer...

  Am Krankenhaus in Næstved, April 2014 - das war eines der letzten kalten Frühlingstage 2014  So, jetzt ist es schon fast mehr als zwei Woc...